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III.
Buch.
Kapitel.
Bildern dürften die in Löwen, in der dortigen Genossenschaft der
Brüder vom gemeinsamen Leben herausgegebenen, treiflichen, xylo-
graphischen Werke, der Armenbibel, des Hohenliedes, und die
48 ersten Vorstellungen des Heilsspiegels, nach Zeichnungen des
D. Stuerbout ausgeführt worden sein.
Unter allen Schülern der van Eyck ist Rogier van der Weyden
der ältere bei weitem der berühmteste. Bis zum Jahr 1846 war er
indess nur unter dem Namen Rogier von Brügge bekannt. Erst in
diesem Jahr bewies der Archivar von Brüssel, Herr Wauters, dass
sein Name Rogicr van der Weyden und dass er zu Brüssel geboren
worden. 1 Wahrscheinlich ist dieses im letzten Jahrzehnt des leiten,
keinenfalls aber wohl später, als zu Anfang des löten Jahrhunderts
geschehen, indem er schon vor dem Jahr 1430 ein so berühmter
Meister war, dass der, im Jahr 1431 gestorbene, Pabst Martin V-
dem Könige von Spanien, Juan II., ein jetzt im Museum von Berlin
heiindliches, Altärchen von ihm, schenkte, 2 welches einen Meister
von höchster Ausbildung zeigt. In seiner früheren Zeit, da er noch
als Schüler des Jan van Eyck inBrügge lebte, führte er eine grosse
Zahl von Bildern mit lebensgrossen Figuren in Leimfarben aus. 3
Aber schon im Jahr 1436 bekleidete er die ehrenvolle Stelle eines
amtlichen Malers der Stadt Brüssel. Das Hauptwerk, welches er in
dieser Stellung ausgeführt, war ein Altar mit Flügeln für den Saal
des Rathhauses der Stadt, wo Recht gesprochen wurde. Nach der
Sitte der Zeit enthielt es Beispiele strenger Rechtspflege, um die
Richter, wie schon oben bemerkt, durch das Anschauen derselben
anzuhalten, ein Gleiches zu thun. Das Hauptbild stellte dar, wie
Herkenbald, nach der Tradition ein Richter des llten Jahrhunderts
in Brüssel, seinen Neffen, weil er ein Mädchen entehrt, mit eigner
Hand umbringt, und ihm eine Hostie, welche ihm der Priester
wegen" dieser That, als einem Mörder, versagt, durch ein Wunder
zu Theil wird. Die Flügel enthielten eine That der Gerechtigkeit
des Kaisers Trajan. Diese allgemein bewunderten Bilder, welche
auch Dürer auf seiner Reise in den Niederlanden besuchtef be-
fanden sich noch im 17. Jahrhundert an Ort und Stelle. Sie sind
wahrscheinlich bei dem Brande des Rathhauses, während der Be-
1 S. das erste Quartalheft der in Brüssel erscheinenden Zeitschrift Messager
des sciences historiques. ß S. Passavants Aufsatz im Kunstb1att_ des Jahrs 1843,
welcher darin zuerst diesen Meister als Urheber erkannte, und danach andere
Bilder bestimmte, und meinen Aufsatz im deutschen Kunstblatt von 1854 S. 57.
3 S. van Mander Bl. 126 b. 4 Reliquien von Albrecht Dürer. Nürnberg 1828 S. S1.