Volltext: Handbuch der deutschen und niederländischen Malerschulen (Bd. 1, Abt. 1)

102 
III. 
Buch. 
Kapitel. 
schon ganz die oben gerühmten Eigenschaften. Leider wird das 
Mittelbild durch manche Retouchen entstellt.  
Sehr nahe steht diesem das schon erwähnte, wahrscheinlich im 
VJahr 1463 oder 1464 ausgeführte Altärchen mit dem Martyrium des 
heiligen Erasmus in der Peterskirche zu Löwen. Die Zeichnung 
im Körper des Heiligen zeigt hier gegen das vorige Bild einen offen- 
baren Fortschritt. Das Widerstrebende des Herauswindens der Ein- 
geweide ist durch Vermeidung von Verzerrung des Kopfs und von 
Blut, wiewohl etwas auf Kosten der, bei ähnlichen Vorgängen von 
dieser Schule nur zu streng beobachteten, Wahrheit, sehr gemässigt. 
Einige Köpfe sind im Ton minder warm und klar, als gewöhnlich, 
die Modellirung aber durchweg vortrefflich. Das Gewand des Hie- 
ronymus auf dem einen Flügel gehört im Wurf, wie in der Farbe 
und Ausbildung, zu den Schönsten der ganzen Schule. Die Land- 
schaft des Hintergrundes ist endlich eine der ausgezeichnetsten 
des Meisters.  
Diesem folgt unmittelbar der, in derselben Kirche befindliche. 
grössere, im Jahr 1467 beendigte, Altar, dessen Mitte das Abend- 
mahl vorstellt. In diesem Werk sehen wir den Meister in jedem 
Betracht auf der vollen Höhe seiner Kunst. In Christus und den 
Jüngern, welche mit vieler künstlerischen Einsicht um einen Tisch 
von quadratischer Form vertheilt sind, findet sich in den Motiven, 
den Charakteren und dem Ausdruck eine bewunderuugswürdige 
Mannigfaltigkeit. Der edle Kopf Christi bildet einen schlagenden 
Gegensatz mit dem des Judas mit pechschwarzem Haar, in dessen 
Zügen sich Bosheit und Tücke malen. Unter einigen Nebenfiguren 
glaubte ich schon früher in einem Kopf das Bildniss des Künstlers 
zu erkennen. Herr van Even, welcher dieselbe Ansicht theilt, hat 
in dem angeführten Werk von diesem Kopf, einem alten Mann von 
edlen Zügen, aber sehr ernstem Ausdruck, eine Durchzeichnung in 
einem Umrisse wiedergegeben. Das ganze Bild ist von einer er- 
staunlichen Kraft und Tiefe der sehr harmonischen Wirkung. Nicht 
minder schön sind aber die dazu gehörigen Flügel, von denen zwei, 
Abraham und Melchisedech, und die Mannahsammlung, jetzt in der 
Pinakothek (N0. 44 und 45 Cabinette), der Prophet Elias in der 
Wüste von einem Engel gespeist und die erste Feier des Passah- 
festes jetzt im Museum zu B e rlin (N0. 533 und 539) befindlich sind. 
Leider hat das zweite in München durch Aufschminken viel von 
seinem ursprünglichen Charakter eingebüsst, zeichnet sich aber, so
	        
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