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III.
Buch.
Kapitel.
einen warmen Lokalton, die Schatten eine bräunliche Farbe von
seltener Klarheit. Namentlich aber sind seine rothen und grünen
Gewänder von einem Schmelz, einer Klarheit, welche sich der Wir-
kung der Granaten und Smaragde nähert. Diese Art des tiefen
und saftigen Grüns erstreckt sich auch auf die Bäume und Kräuter
seiner landschaftlichen Hintergründe, worin er es ebenfalls allen
anderen Malern dieser Schule zuvorthut. Sie haben namentlich eine
grössere Weiche und Tiefe des Tons, und eine etwas mehr ausge-
bildete Luftperspektive. Offenbar hat hier das Vorbild seines, in
derselben Richtung so ausgezeichneten, Vaters fördernd auf ihn ein-
gewirkt. Wir haben sichere Kunde von einem noch im Jahre 1609
im Besitz eines Herrn T. Blin in Haarlem befindlichen, Vorgänge aus
dem Leben des heiligen Bavo vorstellenden Bildes von ihm, worauf
die Umgebungen jenq Stadt so im Einzelnen wiedergegeben waren,
dass sich darauf ein in jener Zeit dort berühmter hohler Baum be-
fand. 1 In der Behandlung aller Theile endlich hat er eine Weiche
und Breite, wogegen der seines grossen, ihm in anderen Beziehungen
allerdings überlegenen, Sehulgenossen Rogiers van der Weyden des
älteren, in manchen Theilen, z. B. in der Behandlung kostbarer
Kleiderstotle, etwas spitz und mager erscheint.
Von der nicht unbedeutenden Anzahl von Bildern, welche von
Stuerbout herrühren möchten, kann ich nach dem Plane dieses
Werks nur solche anführen, welche besonders charakteristisch und
dabei leicht zugänglich sind.
Sein frühstes, mir bekanntes Werk möchten zwei kleine Flügel
mit acht Vorgängen aus der Legende dcr heiligen Ursula in -der
Kapelle des Hospitals der soeurs noires zu Brügge sein, welche
dort irrig dem Memling beigemessen werden. Diese schönen Bild-
ehen von grosser Feinheit dürften vielleicht vor Seiner, wahrschein-
lich erst nach dem, im Jahr 1426 eingetretenen, Tode des Hubert
van Eyek erfolgten, Rückkehr nach Haarlem ausgeführt werden sein.
Auch die Rückseiten, welche, grau in grau, die vier Evangelisten,
die vier Kirehenväter und die Verkündigung Maria enthalten, ver-
dienen, als vortreülieh, eine nähere Betrachtung.
Diesen Bildchen möchten sich in der Zeit zwei zu einem grös-
ijl-i
1 Die Beschreibung dieses Bildes befindet eich in einer Anmerkung der, im
Jahre 1609 zu Amsterdam erschienenen, französischen Uebersetzung von Guicciar-
dinig Begchy-eibuug der Niederlande, von Pieter van den Berge. S. E. van Eveu
im angef. Werk S. 29 f.