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III.
Buch.
Kapitel.
nahe, dass man etwas später an die Stelle des so wenig bekannten
Lambert den ungleich berühmteren Vornamen des Jan setzte. 1
Mehrere der kleineren Figuren zeigen eine so auffallende Ueber-
einstimmung mit den beiden Sibyllen und den Propheten Zacharias
auf dem Altargemälde von Gent, dass ich diese schwächeren Theile
ebenfalls von der Hand des Lambert van Eyck halten möchte.
Ebenso rührt wahrscheinlich auch von ihm die, in jedem Betracht
dem Original so nahe stehende, Wiederholung des grossen Bildes
in der Aeademie zu Brügge mit dem Bildniss des Canonicus de
Pala her, welches sich unter N0. 11 in dem Museum zu Ant-
werpen befindet.
Sowohl der Umstand, dass die den van Eycks vorausgehenden
Maler, z. B. jener oben erwähnte Jan van Brügge, sich auch in der
Miniaturmalerei versucht, als ihre eigne, auf die sorgfiltigste Aus-
bildung des Einzelnen gerichtete Kunstweise, lassen mit Gewissheit
voraussetzen, dass auch sie gelegentlich in Miniatur gemalt haben
und in der That findet sich in der Kaiserl. Bibliothek zu Paris ein
Manuscript, dessen Miniaturen in der Mehrzahl nicht allein durch-
aus von dem Geiste ihrer Kunst durchdrungen sind, sondern deren
freie und breite Behandlung auch auf Maler deutet, welchegewöhnt
waren, in einem grösseren Maassstabe zu arbeiten. Es ist dieses
das berühmte, wahrscheinlich im Jahr 1424 beendigte, Brevier des
mit einer Schwester des Herzogs Philipp des Guten vermählten Her-
zogs von Bedford, Regenten von Frankreich. 2 In den 45 grösseren
und der sehr grossen Zahl von kleineren Bildern, deren immer vier
die Seitenränder jeder Seite schmücken, lassen sich nun mindestens
drei verschiedene Hände unterscheiden. Nach der grossen Verwandt-
schaft von mehreren mit den Theilen des Genter Altars, welche
man mit Sicherheit dem Hubert van Eyck beimessen kann, möchten
diese von seiner Hand herrühren. Eins der vorzüglichsten derselben
ist gleich das erste Bild, welches oben, in einem Rund, die heilige
Dreieinigkeit, von Engelchören umgeben, unten, in Verehrung, Abra-
ham, Jsaac, Jacob, Moses, David und den Propheten Malachias dar-
stellt. Nach der Uebereinstimmung mit den Bildern des Jan van
Eyck mit anderen, z. B. mit der Himmelfahrt Christi, welcher von
den Altvätern und Engeln erwartet wird, möchten. diese ihm beizu-
messen sein. Ausser diesen zeichnen sich noch vor allen das Leben
1 Vergl. über Dieses meinen Aufsatz in_1_ Kunstblatt von 1849, N0.
1 Näheres hierüber s. Kunstwerke und Kunstler in Paris S. 351 ff.
16 und 17.