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III.
Buch.
Kapitel.
van Mander, der bereits im Jahre 1604 in seinem Malerbuch aus-
führlichere Kunde von Hubert van Eyck giebt, hat man erst neuer-
dings die gebührende Aufmerksamkeit geschenkt. Obgleich man
über das Geburtsjahr des Jan van Eyck nichts mit Sicherheit weiss,
so ist es doch mit grosser Wahrscheinlichkeit etwa um das Jahr
1396 anzunehmen. Auf jenem, oben, auf dem Flügel mit den ge-
rechten Richtern angeführten Bildniss von sich, welches nicht wohl
früher als um 1430 gemalt sein kann, erscheint er nämlich als ein
Mann von höchstens 35 Jahren. Hiezu kommt, dass neuerdings
unumstösslich erwiesen worden, dass er im Jahr 1441 gestorben
ist, 1 wonach er mithin ein Alter von 46 erreicht haben würde,
welches wieder ganz den sicheren Zeugnissen entspricht, dass er
verhältnissmässig früh gestorben sei. 2 Dank den neueren For-
schungen sind auch aus seinem Leben wenigstens einige Umstände
bekannt geworden. Im Jahr 1420 zeigte er in der Malergilde zu
Antwerpen einen in Oel gemalten Kopf vor, welcher dort so viel
Aufsehen machte, dass, noch mehr als ein Jahrhmidert später, der
Adel von Antwerpen der Anstalt einen Becher schenkte, worauf zum
Andenken jenes Ereignisses, dasselbe ciselirt warl 3 Er befand sich
damals wahrscheinlich schon in dem Dienste des Johann von Baiern,
der von 1390-1418 als Bischof von Lüttich sich den Beinamen
„sans pitie" erwarb, nachmals aber durch Heirath Herzog von
Luxenburg wurde. 4 Vier Monate nach dem am 6. Januar erfolgten
Tode dieses Fürsten trat er als Kammerdiener mit einem Gehalt
von 100 Livres jährlich in den Dienst von Philipp dem Guten,
Herzog von Burgund, 5 und verblieb auch darin bis an seinen Tod.
Er erwarb sich das Vertrauen des Herzogs in besonderem Grade,
so dass er ihn öfter mit geheimen Aufträgen auf Reisen schickte,
welche freilich seine Thätigkeit als Künstler gelegentlich auf längere
Zeit unterbrechen mussten. So liessen ihn zwei Reisen dieser Art
1 Herr de Stoop zu Brügge hat nämlich die Rechnung über die kirchlichen
Begräbnisskosten des Jan van Eyck in der Kirche des heiligen Donatian gefunden.
Vergl. über die nähere Bestimmung des Jahrs Carton, les trois freres van Eyck
S. 42 ff. 2 S. lilarcns van Varnewyck. Historie van Belgis. Ausgabe von 1649
S. 119 und des Lobgedicht des Lucas de Heere, Lehrers des van Mander, wo es
heisst: "Van dezer wereldt vroegh dies edel bloeme schiedtf Noch andere Gründe,
seine Geburt etwa um 1396 anzusetzen, bei Carton S. 2T if. 9 Van Kerckhoff:
Notice sur lüxcademie dlAnvers 1824. Vergl. Cavelcaselle S. 45. 4 Der Um-
stand, dass Jan Eyck gerade bei dies em Herrn diente, unter dessen Herrschaft
Maaseyck stand, so wie der andere, dass sich seine Tochter nach dem Tode ihres
Vaters als Nonne 1n ein Kloster zu Maaseyck zurüekzieht, spricht sehr dafür, dass
die Familie aus diesem Orte stammte. 5 S. Leon de Laborde. Les ducs de
Bourgogne und die ganze Stelle abgedruckt bei Cavalcaselle S. 50.