Epoche von 1420 bis
1530.
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bis W20 ausgeführt worden sein. Es athmet in allen Theilon den
Geist der kirchlichen Kunst des Mittelalters. Unterhalb einem pracht-
vollen gothisohen Baldachin mit einem Spitzthürmchen thront, in
der Linken ein Scepter, mit der Rechten segnend, Gott Vater. 1 Zu
seinen Seiten, ebenso, rechts die lesende Maria, links der schreibende
Johannes der Evangelist. An den Wangen seines Throns die Zei-
chen der vier Evangelisten, zu seinen Füssen das makellose Lamm,
als das Symbol seines einigen Sohnes, welchen er gegeben hat,
durch seinen Opfertod zu siihnen die Sünden der Welt. Unterhalb
des Lamms strömt dieses Sühnopfer in Gestalt von Wasser, worin
Hostien schwimmen, hervor und ergiesst sich in ein Blumengärtchen,
worin sechs musicirende Engel den Segen Gottvaters auf verschie-
denen Instrumenten begleiten. Diesen schliessen sich zu, beiden
Seiten singende Engel unter gothischen Baldachinen an, welche eben-
falls in, nur minder hohen, Spitzthürmen endigen. Ein Spruchzettel
in der Hand des einen zur Linken giebt durch die Inschrift: „Can,
etc. fons ortorum puteus aquarum viventium" über die Bedeutung
jenes Wassers nähere Auskunft, es ist nämlich damit nach dieser
Stelle des hohen Liedes (Kap. IV. V. 15) „der Brunnen der Gär-
ten, der Born lebendiger Wasser gemeint." Dieser Born strömt
denn auch in einen gothischen Brunnen aus, welcher sich in
der Mitte des Vordergrundes erhebt, und in der bekannten Be-
ziehung mit einem, seine Jungen mit seinem Blut fiitternden Peli-
can geziert ist. Zur Rechten des Brunnens die dadurch bese-
ligten Vertreter des siegreichen Christenthums. An der Spitze der
stehende Pabst, den hohen Kreuzesstab mit der Fahne in der Lin-
ken, mit der Rechten den verehrend knieenden Kaiser auf den Brun-
nen, als den Quell des Heils, weisend. Hinter beiden andere, geist-
liche und weltliche Herren. Links vornan, der stehende Hoheprie-
ster die zerbrochene Siegesfahnc in der Rechten, um den Augen
eine Binde, mit der Linken bemüht, einen knieenden Juden von der
Verehrung abzuhalten. Sonst noch acht Juden, welche in lebhaften
Bewegungen Abscheu und Verzweiflung ausdrücken. In den drei
oberen Figuren, wie in den Engeln, ist ein tiefes religiöses Geüihl
mit einem reinen Sohönheitssinn gepaart. In den unteren findet
sich eine scharfe, bildnissartige Charakteristik. Besondere Bewun-
derung- verdient das Augenblickliche und Dramatische in den Mviivell
ävon Passavant und Cavalcaselle ab," welche diese Figur für
Christus halten.