612
Sechstes
Buch.
Abtheilung.
Abfchnilt.
Zweiter
diefer Art feien das xTreiben im Bauernwirthshausr von 1674 (oder 1679) in
i" ilääiffreä: der Dresdener und der vBauerntanze von 1675 in der Darmftädter Galerie
ßadß angeführt.
Raäiiäegen. Endlich darf nicht unerwähnt bleiben, dafs Adriaen van Oftade auch einer
der gefchätzteften holländifchen Radirer iftl). Zu feinen feinften, geiftvollfien
Blättern gehören xder Leiermanne von 1647 (Bartfch 8), xdie Scheuera von
1647 (B. 23), ndie Familiea von 1647 (B. 46), nder Familienvatem von 1648
(B. 33), vder Charlatana von 1648 (B. 43), wder Tanz im Wirthshatlse (B. 49)
und vdie Spinnerim von 1652 (B. 31) und die vVefpei-(i (B. 50). Sein fpätes
Blatt, wdie Puppeu von 1678 (B. 16) (Fig. 566), zeigt auch hier fchon leicht die
Altersfchwäche, der er in den letzten Jahren feines Lebens nicht Herr zu
werden vermochte.
Natürlich übte Adriaen van Oflade einen grofsen Eintlufs auf die Haarlemer
Sittenmalerei aus. Als feine Schüler haben wir vier Meifler kennen zu lernen.
Igälgdvef" Zunächfl ift fein jüngerer Bruder jfack mm (Pjizzde zu nennen, welcher, am
geh, Leben, 2. Juni 1621 zu Haarlem geboren und fchon am I6. October 1640 dafelbft
begrabenä), nur ein Alter von 28 Jahren erreicht hat. Dafs feine Bilder feltener
fmd, als diejenigen feines Bruders, ifl daher felbflverfländlich; dafs er ihrer trotz-
dem an IOO hinterlaffen hat, zeigt, wie Heifsig er war. Bilder feiner Hand,
Ceffalren. welche einzelne Geftalten darftellen, wie ßder Bauer im Schlapphutr im Berliner
Mufeum, oder welche Vorgänge in Binnenräumen veranfchaulichen, wie die
vholländifche Bauernftuber im Berliner Mufeum, das ähnliche Bild in der Mün-
chener Pinakothek und das wSchweinefchlachtem im Mufeum zu Lille, find
aufserordentlich felten und nicht immer zweifellos. In der Regel knüpfte er
Smcnbilder vielmehr an die im Freien fpielenclen ländlichen Scenen feines Bruders an und
bildete diefe mit aufsergewöhnlicher Begabung felbfländig Weiter. Vor allen
Dingen führte er, hierin Wouwerman parallel gehend, das Pferd, welches er
meifterlich darzuftellen verfiand, in feine ländlichen Schilderungen ein. Sogar
der Schimmel fpielt bei ihm beinahe fo häufig, wie bei Wouwerman, eine
Hauptrolle. Auch fehlt ihm die übertreibende Ader feines Bruders. Mit un-
gemeinem Scharfblick für das künftlerifch Reizvolle weifs er im Sommer den
Menfchen-, Pferde- und Wagenverkehr auf den Dorfftrafsen, vor ländlichen
Wirthshäufern und am Flufsufer, im Winter das Leben und Treiben auf und
an den gefrorenen Flüffen und Canälen zu beobachten; fchlicht und einfach,
aber ftets von der malerifchfien Seite fafst er feine Vorwürfe auf g kräftig,
breit, frifch führt er fie durch; doch wird er zugleich mit liebevoller Sorgfalt
allem Einzelnen gerecht und hüllt das Ganze, in der Bevorzugung der braun-
lichen Tonart wohl von Rembrandt beeinHufst, in ein glühendes, warmes, wenn
auch manchmal in nordifcher Weife zugleich duftig umfchleiertes Licht. Alles
in allem ift er unzweifelhaft einer der gröfsten Meifter feines Faches. Seine
Bilder, deren echte Daten erklärlicher Weife alle aus den vierziger Jahren ftam-
3mm men, find in faft allen grofsen nordifchen Sammlungen zu finden. Das Berliner
Mufeum befltzt, aufser den genannten Bildern, einen hübfchen vHalt vor der
I) Bartfrh, Peintre Graveur I, p. 347-348. Weige],
Fauchzux, Suppläment et Catalogue raifonnä. Paris 1862.
2) Vgl. den Berliner Katalog von 1883, S. 326.
Suppläment