Die holländifclue
Malerei
Jahrhunderts.
Schule.
Haarlemer
Die
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geifb, gemüth- oder humorvollen Auffaffung zu verbinden und mit einer durch-
aus malerifchen, zugleich freien und forgfaltigen, weniger in Farben, als in
Farbe fchwelgende Pinfelführung feftzuhalten. Ihr Realismus ifl durchaus ge-
fund und trägt eben deshalb von felbft die Keime jeder geiftigen Anfchauung
und Auffaffung in fich. Gerade der Haarlemer Realismus hat daher auch bis
in unfere Tage hinein den nachhaltigften Einflufs auf die ganze nordifche
Kunflentwicklung ausgeübt.
Die Maler fpielten auch kaum in einer anderen holländifchen Stadt eine dseffilllälgfer
folche Rolle, wie in Haarlem. Ganz Haarlem, fagte man, fei eine grofse Bilder- i" Haarlem-
galerie; und jeder Haarlemer, hätte man fagen können, fei entweder Künfller
oder Kenner. Es gab eine ganze Reihe von Künftlergefchlechtern, in denen
die Kunft erblich war; und die Privilegien der Haarlemer Gilde zogen auch läiärHäää;
manche fremde Künfller nach der anmuthigen, äufserlich ziemlich Rillen, inner-
lich aber um fo regeren Kunflftadt. Auswärtige bezahlten manchmal ihren
Gildenbeitrag in Haarlem, ohne dort zu wohnen. Die erfte Erwähnung der
St. Lucasgilde fallt in's Jahr 1504; und fchon im Laufe des 16. Jahrhunderts
machten ihre Statuten verfchiedene llVandlungen durch. Die Goldfchmiede
trennten fich 1576 von ihr; in ihrer höchflen Blüthe als Malerheim fland fie
nach den Statuten von 163m)
Einen wie grofsen Antheil an der Entwickelung der holländifchen KunPc Rückblick-
Haarlem fchon in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts gehabt, haben wir
bereits oben (S. 81-83) gefehen. Meifler wie Hendrik Goltzius, der berühmte
Kupferfiecher, Cornelis van Haarlem, der Maler grofser Compofitionen mit nack-
ten Figuren, und Karel van Mander, der berühmte Kunftgefchichtsfchreiber, ver-
einigten fich hier, um eine wirkliche Schule, in welcher lebhaft nach dem leben-
digen Modell gezeichnet wurde, innerhalb der i) Schule (i zu bilden. Unvor-
bereitet fand der neue holländifche Kunftfrühling den Haarlemer Boden alfo
nicht; aber freilich bedurfte es ganz neuer Ausfaat, um die neue Kunit auf ihm
zur Blürhe zu bringen.
Uebergangsmeifier und Künftler, welche, wie die Utrechter, noch mit einem Uüjfäjrfgs"
Fufse in dem Italismus des jüngPc vergangenen Zeitraumes oder doch im Be-
reiche des Einfluffes der Antwerpener Schule ftanden, gab es freilich auch hier.
Als Schüler des Hendrik Goltzius mag zunächft Fan Lys, gen. Pan?) ge- g
nannt werden; und diefer fleht freilich nicht mit einem Fufse, fondern mit bei-
den Füfsen im Italismus. Im letzten _Drittel des XVI. Jahrhunderts, nach San- Sein Leben.
drart in Oldenburg, nach der wohl glaubwürdigen Chronik von Hoorn4) aber in
letzterer Stadt geboren, pilgerte er, nachdem er feine Lehrjahre in Haarlem beendet,
nach Italien, wo er, wie manche der Utrechter, die wir kennen gelernt haben,
fich ganz dem Einflufs Caravaggids hingab. Er fcheint auch nicht nach dem Seine Bilder
Norden zurückgekehrt zu fein; wenigfiens ftarb er fchon 1629 in Venedigp
Seine Gemälde find fehr felten geworden. Ein bezeichnetes, eine mufikalifche Amügdam,
Vßll
Dirk
I) C. Gonnet in Obreerfs Archief I. p. 223-293.
2) Nicht zu verwechfeln mit dem Schüler PoelenburgHs
thümlich auch Jan van der Lis genannt wurde (oben S. 566).
3) Teutfche Academie II S. 314.
4) Krumm a. a. O. 995.
der
Lis
oder
Liffe ,
der
irr-