Volltext: Die Malerei von der Mitte des sechzehnten bis zum Ende des achtzehnten Jahrhunderts (Bd. 3, Hälfte 2)

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Buch. 
Siebentes 
Fünfter Abfchnitt. 
Kägääincnath gehörte auch Ar-zgelica Kaujjfnzzzrzzz l), die berühmteite deutfche Künfilerin des 
vorigen Jahrhunderts, welche, wie Graff, in der deutfchen Schweiz geboren war. 
Ihrem Bildungsgange und ihrem Wirkungskreife nach iPt fie, im Gegenfatze zu 
Natiiilentät ihrem Landsmanne, fo international, dafs man daran zweifeln könnte, 0b fie 
mit Recht zur deutfchen Schule gezählt wird. Aber zu welcher anderen Schule 
foll man eine Frau deutfcher Abkunft zählen, welche in Goethe's Leben eine 
Rolle fpielte und, obgleich {ie an einen Italiener verheiratet gewefen war, fich 
in ihrer Todesihinde ein geiftliches Lied Gellerfs vorlefen liefs? Angelica 
Ihr Leben- Kauffmann ift am 30. Oct. 1741 zu Chur geboren. Ihr Vater, ein Deutfcher, 
war felbfi Maler und leitete ihren Unterricht, zog aber fchon früh mit ihr nach 
Italien; wo fie fiCll durch Copiren nach den grofsen alten Meiftern weiter- 
bildete; 1763 erfchien fie in Rom, wo {ie innige Freundfchaft mit Winckelmann 
fchlofs und unter den Bann feiner antikiiirenden Auffaffung gerieth; 1766 ging 
{ie von Venedig über Paris nach London, wo fie grofse Triumphe feierte und 
der Akademie zugefellt wurde, aber auch fchwere Lebenserfahrungen machte. 
Die Hand des berühmten Malers Sir Jofuah Reynolds hatte {ie ausgefchlagen, 
{ich dafür aber von einem Schwindler bethören laffen, von dem fie {ich nach 
kurzer Ehe, da fich herausitellte, dafs er {ich einen falfchen Namen beigelegt 
hatte und fchon verheiratet war, fcheiden laffen mufste. Gleichwohl blieb {ie bis 
1776 in London. In diefem Jahre reichte {ie dem rnittelmäfsigen venezianifchen 
Maler Antonio Zucchi ihre Hand und {iedelte mit ihm und ihrem Vater erfi 
nach Venedig, 1782 aber, nach ihres Vaters Tode, nach Rom über. Hier 
{iarb ihr Gatte 1795, {ie felbft am 5. Nov. 1807. 
ilsgjrfäfrffä Angelica Kauffmann ift die Malerin weiblicher Anmuth und Liebenswürdig- 
 keit. Ihren keineswegs feltenen mythologifchen und ziemlich feltenen religiöfen 
Bildern fehlt es an Kraft der Zeichnung und der Färbung, nicht aber an Leicht- 
flüffigkeit der Behandlung, an Sinnigkeit der Auffaffung und an Zartheit des 
Ausdrucks. Ihre oft mit allegoriiirendem Beiwerk ausgeiiatteten Bildniffe find, 
im Gegenfatze zu denjenigen Gratfs, durchaus Kinder ihrer Zeit. Wenn ihnen 
 auch eine glückliche Auffaffung und Anordnung der Perfönlichkeiten und eine 
gewandte, weiche, einfchmeichelnde Behandlungsweife nicht abgefprochen werden 
kann, fo erfcheinen fie uns heutzutage doch oft marklos und verblafen. Dafs 
Ihre Bilder Angelicas Zeit aber noch keineswegs ganz vorüber iii, zeigt fich z. B. in der 
Vorliebe, mit welcher ihre beiden weiblichen Bildniffe in antikiiirender Ver- 
mummung, welche eine Dame als Sibylle und eine Dame als Vefialin dar- 
i" Drßsdßn- itellen, in der Dresdener Galerie noch heute copirt werden (Fig. 680). Diefe 
Bilder gehören in ihrer {innigen Haltung und ihrer duftigen Behandlung aller- 
dings zu den liebenswürdigften und feinfühligften Werken der KünPtlerin. 
Die meiften Werke Angelicas befinden {ich wohl noch in den englifchen, 
deutfchen, italienifchen und rufflfchen Paläfien, für die {ie gemalt worden. Es 
fehlt an den Vorarbeiten, um einen vollfizändigen Ueberblick über {ie zu geben. 
Von ihren vHiftorienbilderm in öffentlichen Sammlungen find als charakteriftifche 
i" Wien, Werke hervorzuheben: in der kaif. Galerie zu Wien die beiden grofsen Bilder, 
Ihre 
Nationalität. 
Glzer. 
 I) Giov. 
Bregrenz I 8 I4. 
de R0fß' 
Vita di 
KauHmann. 
Firenze 
1810. 
Deutfch von A. 
VWinharL
	        
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