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Buch.
Siebentes
Fünfter Abfchnitt.
Anlfiesgäh- zllelzgs i), der gründliche, gediegene und in manchen Beziehungen bahnbrechende
deutfche Meifier, welcher Alles in Allem genommen der gefeiertfie europäifche
Maler im dritten Viertel des vorigen Jahrhunderts wari). Anton Raphael
3511315322" Mengs wurde als Sohn des oben (S. 1008) befprochenen fachfifchen Hofmalers
Entwicklung. Ismael Mengs am 12. Mai 1728 zu Auffig geboren. Niemals vorher und nachher
find einem Künfller fchon von feiner Wiege an feine zukünftigen Wege 'fo vor-
gezeichnet gewefen, wie ihm; niemals ift ein Künfiler fo abfichtlich und folge-
richtig zu dem erzogen worden, was er geworden ift. Ismael Mengs hatte die
Schwächen des künfilerifchen Zeitgeifles klar erkannt. Da er felblt nicht mehr
die Kraft in {ich fühlte, ihn zu überwinden, follten feine Kinder ihn überwinden
lernen. Die KunPt wurde ihnen unter Hinweifung auf die grofsen Vorbilder
des I6. Jahrhunderts im eigentlichften Sinne des Wortes ieingepeitfchtw. Bei
Vofxf;';fen_ Anton Raphael, der feinen Namen nach Antonio Allegri da Correggio und nach
Raffaello Santi da Urbino, mit denen er wetteifern follte, erhalten hatte, fchlug
die Strenge der Zucht vortrefflich an. Von wirklich pedantifcher Stuben-
22g; 11:32? hockerei war Ismael Mengs übrigens weit entfernt. Schon 1741 führte er den
1141- dreizehnjährigen Knaben auf drei Jahre nach Rom, wo er die {trengfie Selbft-
zucht mit der begeiflertften Anfchauung der grofsen Kunftwerke verbinden
Rünßrgtlfhr lernte. Als Raphael Mengs 1744 an der Seite feines Vaters wieder in Dresden
Dresden. auftauchte, war er bereits der gröfste Paftellbildnifsmaler feiner Zeit. Selbft
Im. La Tour (oben S. 979) liefs er hinter Geh zurück. Seine 12 zum Theil fchon
Piffäm jetzt, zum Theil etwas fpäter entftandenen Paftellbildniffe der Dresdener
Galerie, denen {ich der reizende Paftell-Amor anreiht, gehören nicht nur zu den
frifchefien, kräftigften, malerifchfien Leiftungen in ihrer Technik, fondern be-
zeichnen einen Höhepunkt der Bildnifsmalerei überhaupt. Hätte er von ihnen
aus feinen weiteren Weg fuchen dürfen, fo hätte er ein wirklich grofser national-
deutfcher Meifter werden können. Schon jetzt fetzte König AuguPc 111., der
feine Bedeutung fofort erkannte, ihm einen Jahresgehalt von 600 Thalern aus.
ägiijääjfjt Aber fein Vater kehrte bereits 1746 mit ihm nach Rom zurück. Nicht mit
"46" Holbein und Rembrandt, fondern mit Raphael und Correggio follte er wett-
Qelgemälde eifern. Sein erftes Oelgemälde, durch welches er in Rom Aller Augen auf
in Wien, {ich zog, eine vheilige Familier (vielleicht die vMadonnar der kaif. Galerie zu
Wien), zeigte in der That hauptfachlich den Einflufs diefer beiden Meifter. Die
fchöne Römerin, welche ihm zu dem Bilde Modell geftanden, wurde, nachdem
er zum Katholicismus übergetreten, feine Gattin. Ein anderes Oelgemälde
incgffslgjm feiner Hand, welches in diefer Zeit entftand, vdie Magdalenaa der Dresdener
Galerie, ift unentfchiedener im Charakter. Es {tand eben in Mengs" Sternen
gefchrieben, dafs er vEklektikera werden follte. Den Manierismus feiner Zeit
überwand er allerdings auf diefem Wege, fo gut wie die Carracci in Bologna
den Manierismus ihrer Zeit auf demfelben Wege überwunden hatten; aber es
war ein Weg, der doch nur zu einer abgeleiteten, nicht zu einer urfprünglichen
Die befien
-4o und von
1) (ßinnwlzi)! Elogio storico del Cavaliere Anton Raphael Mengs. Pavia 1795. Die
neueren Würdigungen von Fr. Reber in Dohmeß- vKunft und Künilleru Nr. 32, S. 21-40 u
Fr, Pech! in wDeutfche Künfiler des I9. Jahrhundertsu III, 188i, S. 1-30.
2) Vgl. noch: f]. Bbfrlz: Zur Werthfchätzung des Raphael Mengs, KunfI-Chronik
(1888), Sp. 307,
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