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Siebentes Buch.
Fünfter Abfchnitt.
allerdings wirklich nicht geworden, wohl aber ein denkender Künftler und
felbftändiger Zeichner. Sein Hauptverdienft liegt darin, dafs er die Ueber-
zeugung von der Nothwendigkeit, die alten ausgetretenen Gleife zu verlaffen,
allgemein verbreitete, iPc alfo mehr negativer, als poütiver Natur.
Die
hervorragenderen deutfchen Meifier
Jahrhunderts.
des
achtzehnten
Nachdem wir auch den hervorragenderen deutfchen MeiPrern des 18. jahr-
hunderts bereits im vorigen Kapitel ihre allgemeine kunPcgefchichtliche Stellung
angewiefen haben, können wir fie an diefer Stelle einfach in ihrer Altersfolge
15351221? aneinander reihen. ßaltlmfar Denlzer, der berühmte Bildnifsmaler, wurde am
15. Nov. 1685 als Sohn eines Mennonitenpredigers zu Hamburg 1) geboren.
uijßeäeäjf_ Seinen erfien Unterricht erhielt er von dunklen Meiftern in Altona und in Danzig.
Wifgljrfägs" Im Jahre 1707 bildete er {ich an der Berliner Kunflakademie weiter; 1708 bereits
malte er auf Beflellung ein Bildnifs, welches fein Schickfal entfchied. Rafch wurde
er als einer der bedeutendften Bildnifsmaler feiner Zeit anerkannt. Schon 1709
malte er zu Schlofs Gottorf die ganze herzogliche Familie auf einem grofsen
Gruppenbilde von 21 Personen; und Berufung folgte nun auf Berufung, Beftellung
auf Beflellung; feinen eigentlichen Wohnfitz behielt er in Hamburg; aber er ver-
brachte den gröfsten Theil feines Lebens auf Reifen; 1717 Enden wir ihn in
Kopenhagen, 1720 in Wolfenbüttel, I72I-I724 in London, 1735 am Hofe
Herzog Christian Ludwigs von Mecklenburg, wder von 1729-1748 einen lebhaft
geführten Briefwechfel mit ihm unterhielt e, 1747 in Braunfchweig, fchliefslich wieder
in Mecklenburg. Er ftarb am 14. April I 749 zu Rofiock. Was er gelegentlich an
ünitifiinm nI-Iiilorienbildernu gemalt, wie ßder heil. Hieronymusr von 1731 in der Dresdener
Chäjlfe" Galerie, ift unbedeutend. Im Bildnifsfach aber, in dem er lebensgrofse Köpfe
oder Brullbilder bevorzugt, hat er einen Stil für fich. Dafs er die Natur mit
eigenen Augen angefehen hat, kann man nicht leugnen; freilich aber mufs man
hinzufügen, dafs er {ich leider einzureden fuchte, feine Augen feien mit einem
Vergröfserungsglafe bewaffnet. Keine Falte, kein Flecken, kein Härchen der
Haut entgeht ihm; und mit peinlichfter Sorgfalt giebt er Alles wieder, was ein
aufs Ganze, befonclers auf den geifligen Gesammteindruck gerichteter Blick nicht
zu bemerken pHegt. Hat er die Menfchen, welche ihm fitzen, zugleich in glafig-
kalter Farbe gefehen, was gar nicht felten der Fall ifi, fo machen feine der-
artigen Bildniffe für einen geläuterten Gefchmack einen geradezu peinlichen
Eindruck. Ihre PViflIüOlltätK aber wird man fiets anerkennen; und es mufs
auch anerkannt werden, dafs er manchmal freiere, fchlichtere Bildniffe von
wirklicher Kraft des Ausdrucks gemalt hat, ja dafs ihm auch innerhalb
feines eigenfien Stils, befonders wenn er einen warmen, leuchtenden Gefammt-
i) Die Mennonitenkirche fleht in Altona; ihre Prediger pflegen in Hamburg zu wohnen.
yalzann mm Gaul: De nieuwe Schouburg etc. II. Haag 1751 p. 62-86. W. Schmidt in der
Deutfchen Biographie V, 1877, S. 54.-57. Andere, z. B. F. Sclzlie im grofsen Schweriner Katalog
1882 S. 116 laffen ihn in Altona geboren werden. Wenn wir recht unterrichtet find, mufste [ein
Vater Jacob Denner, der Hamburger war, die Kirche der Gemeinde, die er gründete, in Altona
errichten, weil er in Hamburg damals die Erlaubnifs dazu nicht erhielt.