Malerei
deuffche
Jahrhunderts.
Ueberblick.
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Auch Caf f el l) fpielte eine gewiffe Rolle im deutfchen Kunftleben des
18. jahrhunderts. Dafs holländifche Meifter, wie Philipp van Dijk (oben imhljfxagriljr-
S. 738), hier für den Landgrafen Wilhelm VIII. thatig waren, iPc fchon be- Hogäfäder
merkt worden. Philipp van Dijk brachte für diefen Fürfien den Grundfiock PhilmDijk.
der berühmten Gemäldegalerie zufammen, welche bald nach 1730 nach Caffel Digjggjßr
kam. Ihr Director, fowie Director der 1776 hier gegründeten Kunfiakademie
wurde 9'012. Heinrich Tzfcfzbeizz d. Ä, der 1722 zu Hayna geborene, 1789 in Jälydfgejgf-
Caffel gefiorbene Meifter, welcher 1743-1748 Schüler des Charles van Loo d'A'
(oben S. 950) zu Paris gewefen war, flch dann in Venedig unter Piazetta
(oben S. 920) weitergebildet und 1751 in Caffel niedergelaffen hatte. Seine
Bildniffe {ind abfichtlich angeordnet. aber lebendig aufgefafst, und nicht ohne
Feinheit der Modellirung und der Färbung durchgeführt. Seine religiöfen und
weltlichen Hiftorienbilder gehen in der antikiflrenden Strenge des Falten-
wurfs und der Compofition bereits über feinen Lehrer hinaus, erftreben
auch eine gewiffe venezianifche Frifche der Färbung, ohne dieselbe jedoch
zu erreichen, und bleiben im Ganzen durchaus in den Banden der Durch-
fchnittskunfi der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts Recken. Am reich-
fien an Bildern feiner Hand ifi die Caffeler Galerie. Von den in ihr aus-
gefiellten dreifsig Bildern feiner Hand feien das Selbfibildnifs des Meifters von
1782, mythologifche und gefchichtliche Darftellungen, wie vAugufius bei der
fierbenden Kleopatrar von 1769, v Antonius und Kleopatrax, vAcis und Galateae
und die neun Mufenbilder hervorgehoben. Das Weimarer Mufeum befitzt ein
gutes weibliches Bildnifs von 1777 von feiner Hand. Im Oldenburger Mufeum fleht
man feine weich gemalten Halbfigurenbilder des Heraklit (1776), des Demokrit
(1784), des Archimedes (1786) und des Belifar (1786). Auch in der Akademie
zu Wien, fowie in den Sammlungen zu Schleifsheim, Schwerin, Mannheim und
Nürnberg ift er vertreten. Viel genannt wird feine wHermannsfchlachtrr im
Schloffe zu Pyrmont. Caffeler Kirchen befitzen Altarblätter feiner Hand.
Im Anfchlufs an ihn müffen wir fofort einen Ueberblick über die zahlreiche Difaälillgfe
heffifche Künfilerfamilie Tifchbein?) zu gewinnen fuchen, die fich, zumeifiTiYßhbein-
mit Caffel Fühlung behaltend, über ganz Deutfchland verbreitete und bis tief in
unfer Jahrhundert herein fortpflanzte. In der zweiten Hälfte des vorigen jahr-
hunderts follen nicht weniger als 24 Künfiler des Namens Tifchbein in Deutfch-
land gelebt haben. Wir können f1e natürlich nicht einmal alle nennen und
nur die bedeutendfien hervorheben. joh. Heinrich Tifchbein d. hatte noch
fünf Brüder, welche Künfiler wurden. Söhne des ältefien von ihnen, F011. Jfä-ghigäf:
Conrad Tgfclzbeivfs, der 1778 in Hayna fiarb, waren 9'012. Heinrich Tzfclzbez): 583111132:-
d. 7. (1742-1808), der die Kunfi bei feinem Oheim in Caffel, wo er anfäffig d- J-
blieb, erlernte und hauptfachlich als Radirer von Landfchaften mit Thieren
bekannt ifi, und Yolzann Hezäzrzrlz Wzllwluz Tzfclzbezäz, in der Regel nur
riilllfirlitrftfe).
1) Näheres über die Gründung der Caffeler Galerie und das Caffeler Kunfileben im I8. jahr-
hundert in der Einleitung zu O. Egfenmanlf: neuem, 1888 erfchienenen Katalog der Caifeler
Galerie; insbefondere in Profeffor C. Allzard van Drarlf: nNachtr-ag zur Gefchichte der Caffeler
Gemäldegalerieu, S. XXV--LXXII.
2) Franzöfxfche Monographie: Edmund illiclzel: Etüde biographique sur les Tischbein.
Lyon 1881.