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Siebentes Buch.
Fünfter Abfchnitt.
geitellt und als Bahnbrecher gefeiert haben. Ein hochbegabter Menfch und
ein felbftwollender Künftler war CarPcens ohne Zweifel; für einen wirklich
grofsen Künftler aber könnten wir ihn nur halten, wenn Kunft nicht Können,
fondern Wollen bedeutete. Ihn zu befprechen, liegt aufserhalb der Grenzen,
ßeßrachwnz- die uns gezogen fInd. Wir können uns hier nur mit den durch ihn noch
unberührten deutfchen Meiftern des I8. Jahrhunderts befchäftigen, wenn einige
von ihnen uns auch an ihm vorbei in's I9. Jahrhundert hinabführen follten.
defignzärsfh Ein erquickliches Bild bietet die Gefchichte diefer deutfchen Malerei des
renden Be- I8. Jahrhunderts keineswegs. An KünPclern fehlte es freilich in kaum einer
iiieiäliäoliilaecrh Stadt; und viele Hunderte von Künltlernamen kann man nicht nur aus den
unligililiiiirren Archiven, fondern auch aus der zeitgenöffifchen Literaturl) wieder ausgraben;
aber nicht einmal alle diejenigen von ihnen, deren Träger Akademieprofefforen
Ihre Anzahl. oder Hofkünfiler waren, fInd auch nur in den Katalogen der kleineren Samm-
lungen erhalten geblieben; und nur einige wenige von ihnen haben einen
folchen Klang behalten, dafs die Verzeichniffe der grofsen deutfchen oder gar
der ausländifchen Gemälde-Galerien fie heute noch fortführen. Wir werden
uns in einem eriten Kapitel einen kurzen allgemeinen Ueberblick über die
deutfche Malerei des I8. Jahrhunderts an den verfchiedenen Kunftftätten des
deutfchen Reiches, deren manche durch die Gründung von Galerien und
Akademien erft jetzt zu folchen geworden waren, zu verfchaffen fuchen, in
einem zweiten Kapitel aber auf die wenigen deutfchen Meifter diefes Zeit-
ninHigrgifna raums, die es verdienen es mögen ihrer immerhin ein Dutzend fein etwas
rneifter. näher eingehen.
Akairlneäxiien DAKHdCIIIlCIIK und vGaleriena haben in der That bei manchen deutfchen
Galerien. Künfilern des I8. Jahrhunderts Gevatter gefianden. vAkademiem und rGalerienr
können nun zwar Talente fördern und ausbilden; aber felbftändige Genies
können fIe nicht fchaffen; und felbftändige Genies auch nur in dem Mafse, wie
Watteau und Boucher es waren, fehlten der deutfchen Kunft des I8. Jahr
hunderts faft ganz. Dafs der KünPcler nachahme, erfchien felbficverfiändlich,
erfchien, wie wir gefehen haben, felbft Winckelmann fo felbftverftändlich, dafs er
nur die alten Griechen als Vorbilder an die Stelle der modernen Franzofen fetzte,
auf den Gedanken aber, ausfchliefslich die Anfchauung der Natur mit eigenen
Nachßlääurlg Augen zu empfehlen, gar nicht kam. Nachahmer waren daher auch faft alle
Grig31en. deutfchen Maler diefes Zeitraums; und zwar ahmten anfangs immer noch, wie im
Franzofen, vorhergehenden Jahrhundert, die einen die Italiener, die anderen die Niederländer
Italliilner, nach; bald aber trat jetzt, befonders in den Orten, welche eigens zu diefem
deääffiäff" Zwecke Künltler aus Frankreich verfchrieben hatten, der franzöfifche Einflufs
in den Vordergrund, ohne jedoch die Nachahmung der Italiener, die vielfach
für die religiöfe Malerei mafsgebend blieb, und den Wetteifer mit den Nieder-
ländern, der fIch nach wie vor in der Landfchafts- und Sittenmalerei ausfprach,
Efgfjglg: ganz verdrängen zu können. Das Gefammtergebnifs aller diefer Einflüffe war,
von wenigen Ausnahmen abgefehen, allgemeine Charakterlofigkeit der Auf-
faffung, der Zeichnung und der Färbung, womit jedoch in vielen Fällen
wenigftens noch eine tüchtige, auf guten Ueberlieferungen beruhende Technik
Meufel
Künftlerlexicon.
"feutfches
Lemgo
1778.