87g
Buch.
Sechstes
Abtheilung.
Abfchnitt.
Drit_ter
Schon 1597 empfing er felbft Schüler in feiner Vaterßadt; 1600 aber finden
wir ihn bereits in Rom, wo er rafch Auffehen erregte, {ich mit einer Schottin
verheirathete, von Papi": Paul V. thatkräftig unterftützt wurde und, als er 1620
ftarb, von feinen Landsleuten ein feierliches Begräbnifs erhielt, dem die Mit-
glieder der römifchen Akademie fich anfchloffen.
3'312: Für feine Entwicklungsgefchichte kommt, aufser feinem Schülerverhältnifs
zßfßhißhrß- zu Uffenbach, in Betracht, dafs er, nach der Unterfchrift eines Stiches feines
Bildniffes von Jan Meyffens, in Venedig Schüler des Münchener Malers Johann
Rotenhammer (oben S. 101) gewefen fein foll. Gewiffe Anklänge an die Kunft-
weife diefes Meifters zeigen. feine früheren Bilder in der That. Es ift auch
durchaus nicht unmöglich, dafs Elsheimer über Venedig nach Rom gereift ift und
{ich dort durch Rotenhammer hat beeinfluffen laffen. Ein eigentlicher Schüler
desfelben kann er damals dort aber nicht mehr gewefen fein. In Rom entwickelte
er {ich dann durch das freie Studium der grofsen italienifchen Meifter und der
grofsen landfchaftlichen Natur der Umgebung der ewigen Stadt zu feiner alle
diefe Eindrücke einheitlich verfchmelzenden, aber auf echt deutfcher Grund-
empfindung beruhenden Eigenart.
Dlerfifjfa" Diefe Eigenart feiner entwickelten Zeit beftand zunächft darin, dafs er feine
Cmwziglitflte" mit kleinen, ziemlich individuell gezeichneten Figuren lebendig erzählten Vorgänge
aus der biblifchen Gefchichte oder der Mythologie zu der ihnen ftets gleich-
Vegiiilerrifs werthigen, manchmal überlegenen Landfchaft oder zu dem Binnenraum, in dem
Fiääspexz-um {ie fpielten, räumlich und coloriftifch in eine fo innige, unauflösliche Beziehung
grunde. fetzte, wie das kein Meifter vor ihm gethan hatte. Seine Menfchen leben und
Behijgfung weben wirklich in dem Sonnenlichte der Landfchaft oder in dem Helldunkel
dqrkl-ichr- des gefchloffenen Raumes, welcher fle umgiebt. Dabei {ind feine Landfchaften
wir Ungön.
als folche mit ihren prachtvollen, üppigen Baumkronen, ihren malerifchen Felfen
rcliätgxeern, und Bergzügen, ihren klaren Fernen, {ind feine Binnenräume als folche mit ihrer
Binnen- anheimelnden Häuslichkeit, ihrer überfichtlichen Anordnung, ihrer realiftifchen
räume" Ausftattung nicht minder {treng und forgfaltig in der Zeichnung -und nicht
minder wahr und frifch in den Localfarben, wie feine Figurengruppen, in deren
Kleidung ein tiefes Purpurroth tonangebend zu fein pflegt. Zu einer eigent-
lichen Tonmalerei im Sinne feiner holländifchen Nachfolger gelangt Elsheimer
dabei noch nicht; aber gerade innerhalb feiner naturwahren Farbentonleiter
erfcheinen alle Lichtwirkungen, erfcheint das Dämmerweben der gefchloffenen
Räume, erfcheint der in der ganzen Landfchaft widerftrahlende heitere Himmel
Wirkungen. Italiens, erfcheint das milde Licht des Mondes und der Sterne, welches er
ebenfalls mit Vorliebe darftellt, erfcheinen felbft die gegen einander oder zu-
fammenwirkenden Strahlen verfchiedener, theils künfilicher, theils natürlicher
Feuer fo aufmerkfam beobachtet, fo packend wiedergegeben, fo harmonifch
und innerlich mit dem Gefammtbilde verwoben, wie es noch nie gefehen worden
war. Gerade hierin beftand vdie neu erfundene KunPccr Elsheimefs, welche in
Rom folches Auffehen erregte, in Holland durch feine Nachfolger, die wir
bereits kennen gelernt haben, im nordifchen Sinne weiter entwickelt wurde
und uns noch heute in den erhaltenen Bildern des Meifters fo urfprünglich
entgegentritt, dafs diefe zu den Perlen der Sammlungen gezählt werden,
welche fie befltzen.