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Buch.
Sechstes
Abtheilung.
Zweiter Abfchnitt.
in feiner Auffaffung des Lichtes und der Farben. In feinen im Freien fpielenden
Bildern von feuriger Gluth und Kraft, weifs er feinen Binnenräumen bei hell
einfallendem Lichte eine Feinheit und Zartheit der Poefle des Helldunkels
zu verleihen, die nur ihm eigen iPc. Von Pieter de Hooch unterfcheidet er
{ich in Bildern diefer Art einerfeits durch die gröfsere Einfachheit der Anordnung
des Raumes (bei ihm pflegt es nur ein Raum zu fein, Pieter de Hooch
eröffnet uns Perfpectiven in mehrere), andererfeits in der Regel durch eine
ganz andere Farbentonart, in der ein helles, mondfchein-duftiges Blau und ein
zartes Citronengelb in feinftem Schmelz abwechfeln oder nebeneinander ftehen.
Seligäaäizd- Seine Bilder find verhältnifsmäfsig felten. Von feinen Landfchaften ift vor
im Phag, allen Dingen die berühmte Anficht von Delft im Haager Mufeum zu nennen,
die in unferem Jahrhundert wieder bahnbrechend auf die gefammte Landfchafts-
malerei gewirkt hat. Vorn der Canal, nur links ein Stück Ufers mit einigen
Figuren, unter denen die Frau in blauem Rock und gelber Jacke nicht
fehlt; im Mittelgrunde, das Bild beherrfchend, die Stadt mit ihren rothen
und blauen, zum Theil aber von gelbem Sonnenlicht belegten Dächern. Es
iPc eine Wahrheit der Luft- und Licht-Beobachtung und zugleich eine Kraft
und ein Feuer der Farbe in diefer einfachen Anficht, wie in keinem zweiten
Landfchaftsbilde der Welt. Fall ebenbürtig ift ihr das prachtvolle Strafsene
in de, bild mit rothen Backfteinhäufern, einer fitzenden und einer arbeitenden Frau
SETxmiTg und zwei Kindern in der Galerie Six zu Amfterdam. Doch giebt es im Privat-
Amßerdam befitze auch einige flüchtig behandelte Bilder diefer Art von feiner Handl).
Lehgäinsfglgfse Als lebensgrofse Einzelbildniffe des Meiflers flnd nur das köflliche Bruftbild
ärtaäeüriir; eines hellblau gekleideten jungen Mädchens mit feinen, ausdrucksvollen Zügen
Arenberg zu in der Galerie Arenberg zu Brüffel und das womöglich noch magifcher feffelnde
bifliälu Bruftbild einer jungen Frau in gelbem Mantel und blaugelbem Kopftuch auf
dcsieririiiiiäi grauem Grunde bei Mr. des Tombes im Haag zu nennen. Das einzige Bild
Sgiitltegrflfigfs des Meifters mit mehreren lebensgrofsen Figuren ift die Darfiellung xbei der
Digsggäer Kupplerinu von 1656 in der Dresdener Galerie (Fig. 627). Die Scene fpielt auf
Galerie- einem mit buntem Teppich verhängten Balkon. Das Mädchen, dem fein Lieb-
haber in zinnoberrothem Rocke Geld giebt, fxtzt in gelber Jacke am Tifche
beim Wein. Ein Lautenfpielcr fitzt daneben, die Kupplerin in fchwarzem
Mantel blickt fchmunzelnd darein. S0 gemein der Gegenftand ift, fo fein ift
die malerifche Behandlung. Es ift ein Jugendwerk des Meifters. Nach feinem
fpäteren Farbengefühl würde er dem Manne wahrfcheinlich einen blauen Rock
gegeben haben. Aber gerade der rothe Rock ifl in diefem Bilde coloriflifch
ungemein wirkfam. So wahre, leuchtende, lebhafte Localfarben lind nie
vorher zugleich von einem fo feinen, poeflevollen Helldunkel umwoben worden,
kläijgfen wie auf diefem Bilde. Von den Sittenbildern der feinen fpäteren, bekannteften
Sißßnbilder Art des Meifters kann der Verfaffer, da er von einigen im franzöflfchen Privat-
befitze befindlichen, die er nicht aufgefucht hat, abfehen mufs, nur noch ein paar
I) Vgl. W. Bade. Die Sammlung Weffelhoeft zu Hamburg, Wien 1887, S. 22. In Bezug
auf ndas Landhausa im Berliner Mufeum fchliefst der Verfaffer {ich durchaus der Anfxcht an, dafs es
viel zu hart und glatt in der Behandlung für den Meiüer iß. Vgl. Aär. Bredius in der Kunßchronik
1883 S. 68-7l. Dafs wir den vjungen mit den Seifenblafenu in derfelben Sammlung für ein
Werk des Es. Bourffe halten, iil: fchon oben (S. 736) bemerkt worden.