828
Sechstes
Buch.
Abtheilung.
Abfchnitt.
Zweiter
Da wir auf diefe Weife bereits in die Architekturmalerei gerathen fmd,
fo wollen wir den zweiten tüchtigen Delfter Meifter diefes Faches, der, wenn
2131312212; er auch kein Delfter, vielmehr wahrfcheinlich Haagerl) von Geburt war, doch
1639 Mitglied der Gilde zu Delft wurde, Grzrit zum Houclegerffi oder Hoeckgeeji 2),
gleich hier anreihen. Seine Bilder fehen denen des van Vliet oft recht ähnlich,
pHegen aber einfacher in der Anordnung, breiter in der Lichtwirkung, gelber
im Gefammtton, weniger reizvoll in der Durchbildung zu fein. Zwei fchöne
Bilder des Inneren der Delfter Kirche feiner Hand von 1650 und 1651 fieht
man im Haager Mufeum, von 1650 auch ein fchönes Kirchen-Innere bei Herrn
Conful Weber in Hamburg, von 1654 eins im Brüffeler Mufeum, von 1655 eins
in der Kopenhagener Galerie, die noch ein zweites bezeichnetes Bild feiner
Hand befitzt; andere in der Ermitage zu St. Petersburg und in den Mufeen zu
Oldenburg und Aachen.
DiEjj-itife" Kehren wir zu den Delfter Figurenmalern zurück, fo müffen wir zunächft
des Adrzkzm Carnelzfz zum Lzäzfclwten 3) gedenken, eines in Italien im Anfchlufs
ä5fg380::;11_ an Caravaggio und Ribera gebildeten Meifters, der um 1590 in Delft geboren
wurde, 1634 oder 1635 das Meifterrecht der dortigen Gilde erwarb4), fpäter
aber im Haag lebte, wo er I67 7 ftarb. In allen Quellen und Verkaufskatalogen
fpielt er und fpielen feine Bilder eine Rolle. Doch hat fich unter feinem Namen
keins erhalten. Wahrfcheinlich gehen {ie unter dem Namen italienifcher Meifter.
Dann folgt der Delfter Vertreter" jener in Italien durch Elsheimer beeinHufsten
Richtung, als deren mafsgebenden Amfterdamer Meifier wir Pieter Laftman (oben
S. 666) kennen gelernt haben. Der Delfter Meifier diefer Richtung, Lwnzzrd
Branzer, der 1595 in Delft geboren wurde, jung Italien befuchte, feit 1629 aber
ftets in feiner Vaterftadt wohnte, wo er 1674 fiarbä), fchlofs {ich in feinen
noch häufig im Handel vorkommenden, in den Sammlungen aber feltenen
kleinen jugendbildern eng an Elsheimer an; doch fteigert er fofort die Gegen-
fatze von Licht und Schatten, die paftofe Breite des Farbenauftrags und die
seiäläfeürfe" kühle, bläuliche Tiefe des Gefammttons. Diefe Richtung fpricht {ich z. B. noch
in feinen beiden energifchen kleinen Bildern des Madrider Mufeums aus, welche
vAbraham und die Engelr: und vden Schmerz der Hecubaa (von 1630) dar-
Scinäffliferer flellen. Gegen Ende der dreifsiger Jahre vergröfserte er fein Format, ohne
jedoch der verhältnifsmäfsigen Kleinheit der Figuren vor ausgebildetem Hinter-
grunde, der jetzt in der Regel Binnenräume darftellt, untreu zu werden, wurde
er wärmer in den mächtig einfallenden Lichtwirkungen, ohne die bläuliche
Kühle der Schatten aufzugeben, wurde er immer freier, aber auch zügellofer
in der Zeichnung, immer kräftiger, aber auch roher im Farbenauftrag. In
feinen Bildern diefer Art, die in den Sammlungen nicht felten find, wirkt er
immer derb, oft bis zur Unerquicklichkeit, dabei aber doch geiftvoll und
intereffant. Er erreicht in ihnen eine, von der gröfseren Derbheit abgefehen,
I) Obrenfs Archief IV, p. 8, Anm. 1.
2) Obreerfs Archief I, p. 33.
3) A611 Bredius' Auffatz über ihn in Oud Holland II (1884), p. 135-140.
4) Oäreenß- Archief I, p. 6.
5) Obreeniv Archief I, p. 25, 44, 59, 64, 70, 71; VI, p. 26. Vafwzaer, Rembrandt, 2. Aufl.
59-61, p. 469-470. Bade, Studien, S. 19, S. 351-353, S, 393.