Volltext: Die Malerei von der Mitte des sechzehnten bis zum Ende des achtzehnten Jahrhunderts (Bd. 3, Hälfte 2)

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Sechstes Buch. 
Abthei1ung_ 
Abfchnitt. 
Zweiter 
befonders in der an die Schule des Hals erinnernden, fetten, paftofen Breite der 
Pinfelführung und in der graugelben Einheitlichkeit des Tones. Doch ging er in 
beiden Richtungen weiter, als Pieter Molyn; auch hielt er {ich mehr, als diefer, an 
feine heimifchen Küften mit ihren fchlichten Bauernhäufern neben einem Zieh- 
brunnen, ihren Dünen hinter bufchartigen Bäumen, ihrem grauen Himmel über 
der weiten Ebene. Localfarben giebt er jetzt, abgefehen von blafsgrünen rund- 
liehen Tupfen auf der flächenhaften hellbraunen Untermalung feiner Bäume und 
den ganz hell- und blafs-farbig erfcheinenden Kleidern feiner Staffagefiguren, über- 
haupt nicht mehr: alles iPc Ton; aber dem Tone fehlt noch die Zartheit und 
Leuchtkraft, der Pinfelführung die Flüffigkeit und Leichtigkeit feiner letzten 
Bndiärfider Zeit. Am charakterifiifchften und zugleich am harmonifchften abgefchloffen 
zeigen diefen mittleren Stil des Meifters feine Bilder von 1631 bis 1635: die 
i" Gofhar Dünenlandfchaft von 1631 in der Gothaer Galerie, die Flufslandfchaft mit Bauern- 
i" Glasgow-häufern unter Bäumen von 16311) in der öffentlichen Sammlung zu Glasgow, 
Pdvifßeüu, die iHütten an der Strafsee von 1632, vormals bei Herrn N. L. Lepke in 
in-Drßsden- Berlin, der xZiehbrunnen unter Bauernhüttenr von 1633 in der Dresdener Galerie, 
i"  ein ähnliches Bild von demfelben Jahre vormals bei Herrn N. L. Lepke in 
(Segegjgrg: Berlin, das Strand- und Dünenbild von 1634 bei Herrn Semeonow in St. Peters- 
fßbweig- burg, die vWeidelandfchafta von 163 5 im Braunfchweiger Mufeum. 
Vifjüizäfffs Um 1640 hat van Goyen fich ganz felbfi gefunden, und er bewahrt nun 
fpgfjfjrl'gfil_ bis an fein Ende feine feinfühlige, ausgebildete Eigenart. Er hält {ich jetzt 
vorzugsweife an die Flüffe und breiteren Kanäle feiner Heimat, wie Iie flch, zu 
beiden Seiten abwechfelnd von Bäumen und Bauernhäufern, Kirchthürmen und 
Windmühlen, an anderen Stellen aber auch von ftattlicheil Städten und Caftellen 
begrenzt, im Sommer von Kirchen und Schiffen, im Winter von zahllofen 
Schlittfchuhläufern belebt, mit weichen malerifchen Windungen durch die Ebene 
ziehen; doch kehrt er auch wohl einmal zu den Dünenlandfchaften und Dorf- 
 wegen zurück, die er in feiner früheren Zeit bevorzugte. Vordergrund, Mittel- 
grund und Hintergrund pflegen in der Zeichnung und in der Färbung perfpek- 
tivifch fcharf gefondert zu fein; die malerifche Behandlung ifi ganz frei und 
leicht geworden. Breitflüffig wird untermalt, leicht tupfend wird ausgeführt. 
Vor allen Dingen aber wird jetzt alles in Ton aufgelöft, alles in den 
einheitlichen Schleier einer mit einer befonderen Farbe gefüllten Atmofphäre 
gehüllt. Ift diefe Farbe kühl und grau, fo entfpricht fie dem feuchten Nebelwehn, 
welches oft an diefen Küften herrfcht i); ift {ie gedämpft grau-golden, wie weit 
öfter bei van Goyen, fo entfpricht fie auch noch dem Lichte, welches an halbum- 
fchleierten Sommertagen durch den Kampf der Sonne mit der Nebelluft erzeugt 
wird, ift {ie aber wenigftens im Vordergrunde tiefbraun, wie am öftefien bei 
van Goyen, fo kann fie doch nur bei fpätherbftlichen Darüellungen für natur- 
wahr gelten und ift im Uebrigen keineswegs von dem Vorwurf der Manierirt- 
heit freizufprechen. Aber die Poefie der über feuchten Niederungen ruhenden 
atmofphärifchen Stimmung ift jedenfalls erft durch van Goyen entdeckt worden; 
und darin, dafs er diefen Stimmungen. einen reizvollen malerifchen Ausdruck 
demselben Jahre ein Bild im Stockholmer Privatbesitz: Granbeßg 
des Verfaffers nKunü- und Naturfkizzenu I (1880) S. 36. 
Von 
Vgl.
	        
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