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Buch.
Sechstes
Abtheilung.
Zweiter Abfchnitt.
kurzem aufserhalb Englands in der Regel verkannt. In der Ermitage zu
i" äjärs" St. Petersburg ging ein fchönes Bild feiner Hand unter Rembrandts Namen,
inhijäk" im Stockholmer Museum ein voll bezeichnetes fchönes Bild unter dem Namen
i" des Jan Peeters, felbfl im Amfierdamer Reichsmufeum ein Prachtbild feiner Hand
unter dem Namen des Simon de Vlieger. In Deutfchland befitzen wenigftens
in wlüäzälig: das Berliner Mufeum (Fig. 611) und die Münchener Pinakothek gute, bezeichnete
ininßäffcä: Bilder feiner Hand; in Brüffel ift er in der Galerie Arenberg, in Wien in der
kaiferlichen Galerie vertreten.
in London. Um ihn wirklich kennen zu lernen aber mufs man fich nach London
begeben. Nirgends ift er fo gut und fo reich vertreten wie in der National
Gallery dafelbPc. Kann man in diefer Art ein wahreres und köPrlicheres Stück
Naturpoefie fehen, als die xKüftenfcenea mit dem fiillen Meer, in dem die
fchlaffen Segel der Schiffe fich fpiegeln, mit der Mittagsfonnengluth, in welche
alle Farben aufgelöft fmd? Giebt es ein farbigeres, malerifcheres Flufsbild, als
das fchöne Bild von 1650 mit der befeftigten Stadt am Ufer und den rot-
und weifsfegligen Fahrzeugen auf der ftillen, fchimmernden Wafferfläche? Und
dazu das Flufsbild mit dem Fährboot: wie ftimmungsvoll die bleifchwer graue,
fülle Fluth unter dem leichtbewölkten Himmel! und das Flufsbild von 1660:
wie klar die Nachmittagsluft! wie weich die grofsen Wolken am hellblauen
Himmel! Auch im englifchen Privatbefitz ift Jan van de Capelle gut vertreten:
z. B. in der Bridgewater Gallery, bei Lord Northbrook, bei Lord Lloyd Lindsay
(früher Lord Overftone) und beim Marquis of Lansdowne. Auch einige Radi-
rungen hat der Meifier hinterlaffenl).
Iägldwgqgafiqe Berühmter noch als Jan van de Capelle, jedenfalls fruchtbarer als er, in
Seemaler. feinen befien Bildern aber auch noch feiner, weicher, empfindungsvoller, ift
Willem van de Velde d. J. Wir können von ihm nicht reden, ohne feines
xixllljlläledrän Vaters Willmz 11cm de Velde d. Ä. zu gedenken. Diefer war 1611 oder 1612
zu Leiden geboren, mufs {ich aber fchon jung nach Amiierdam gewandt haben,
"wo er noch 1657 2) nachweisbar ift. Später war er Hofmaler Karls II. (der
1660 den Thron beflieg) und Jacobs II. in London, wo er 1693 ftarb.
Dafs Willem van de Velde d. in feiner Jugend auch gemalt hat, iPc
anzunehmen. Seine Bilder fmd aber nicht nachzuweifen. Dafs er in erfler
Linie Zeichner war, beweifen die ziemlich zahlreichen, zum Theil grofsen, Schiffe
und Seefchlachten darfiellenden Federzeichnungen feiner Hand, beftätigt aber
geradezu ein Erlafs Karls II. von England, durch welchen er Willem van de
Velde dem Älteren und deffen Sohne dem Jüngeren jedem ein Jahresgehalt von
100 f bewilligte, dem erfteren jedoch nur für feine Zeichnungen, dem letzteren
für feine Gemälde3). Federzeichnungen von der Hand des älteren Willem van
de Velde {ieht man öffentlich ausgeftellt z. B. im Amfterdamer Reichsmufeum,
und im Niederländifchen Mufeum. In den Handzeichnungen-Sammlungen fmd
{ie nicht felten.
I) Phil. zum der Kellen, Peintre-graveur, Utrecht 1866 p. 108.
z) Havard, L'art etc. II, p. 183.
3) Horace Waßole, Anecdotes of Painting. London, Ed. 1872, p. 250: nunto William Vande-
velde the elder for taking and making draughts of seaüghts unto William Vandevelde the younger
for putting the said draughts into coloursu.