Die holländifche Malerei des
Jahrhunderts.
Amfierdamer Schule.
Die
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DRaub des Ganymedesa, in der Dresdener Galerie. Der Ganymed, welcher in (fielfßiiün
den Fangen des Adlers durch die Lüfte zu Zeus emporgetragen wird, ift Ganyüides),
hier ein wohlgenährter kleiner holländifcher Knabe; aber ironifch ift das Bild
nicht aufzufaffen, wie man wohl gemeint hat; es war Rembrandt völliger Ernfl
mit feiner Auffaffung; um eine Wiedergabe des Geifies des antiken Mythos,
nach welchem der höchPce Gott die vollkommene irdifche Iünglingsfchönheit
feiner Himmel mit {ich theilen läfst, war es ihm allerdings nicht zu thun. Er
fafste nur ganz realifiifch das Motiv eines Knaben in's Auge, der von einem
Adler geraubt wird, und ftellte (ich vor, wie der Knabe (ich in folchem Falle,
fchreiend, {ich firäubend, vor Schrecken feiner nicht mächtig, benehmen würde;
und fo fiellte er den Vorgang dar; und zugleich verlieh er ihm durch fein
ausgebildetes Helldunkel in noch kühler, grau-grünlich-goldiger Stimmung einen
geheimnifsvollen Reiz und führte ihn in der forgfaltigen, noch plafiifch ver-
fchmelzenden Modellirung, die damals mit fahriger Breite in feinen Werken
abwechfelte, durch. Aus demfelben Jahre 1635 flammt aber auch das aus auäflfältffs
mehr als 25 kleinen Figuren in köfilicher, glühender Landfchaft befiehende
Bild der vDiana im Badei (mit Aktäon und zugleich mit der Entdeckung des
Fehltritts der Kallifio) im Befitze des Fürften Salm-Salm auf Schlofs Anholt:
ein Wunder an Lebendigkeit der Zeichnung und an Leuchtkraft Ader Farbe. Dliäiäfciä"
Endlich gehört die im folgenden Jahre 1636 gemalte fog. Danae der Ermitage
zu St. Petersburg hierher (F ig. 588). Es ifi wahrfcheinlich keine wDanaei,
fondern ein Weib des alten Tefiamentes. 1) In der künfllerifchen Empfindung
aber ifi gerade diefes fehnfüchtig nach feinem Liebhaber ausfchauende, hinter
grünen Vorhängen in einem Prachtbette ruhende nackte Weib antiker, als
irgend etwas anderes, was Rembrandt gefchaffen hat. Es ifi auch ein hübfches,
keineswegs ein häfsliches Weib; und aufser Tizian hat keiner das warm pul-
firende Leben der hüllenlofenOberHäche des jugendlichen weiblichen Körpers
fo wahr, fo üppig und durch folche Goldgluth der niederen Sinnlichkeit ent-
rückt dargefiellt, wie Rembrandt hier.
Rembrandts Radirungen aus dem jahrfünft von 16324-1637 gehen im läifjirjjlrjäis
Ganzen feinen Gemälden parallel. Auch hier zahlreiche Selbftbildnifse, denen 16321212631
flch bald die Bildnifse feiner Saskia anreihen: z. B. Rembrandt mit der Schärpe
(Blanc 229) von 1633, Rembrandt mit dem flammenden Schwerte (Bl. 231) und
feine Saskia (Bl. 201) von 1634, Rembrandt mit feiner Frau (Bl. 203) von 1636;
auch hier vorzügliche Bildnifse Amfierdamer Berühmtheiten, wie Johannes
Uytenbogaert (Bl. 190) von 1635, Menasseh Ben Israel (Bl. 183) von 163-6;
auch hier Studien in phantastifchen Trachten, wie die xgrOfSC judenbrauta,
(Bl. 199) von 1635 (nicht 1634); auch hier hifiorische Darfiellungen aus dem
alten Tefiamente, wie vjofeph und Potiphars Weiba (Bl. 11) von 1634, vor
allen Dingen aber, zahlreicher und mannichfaltiger als in feinen Oelgemälden,
Darfiellungen aus dem neuen Tefiamente, wie die (nicht ganz eigenhändige)
grofse Auferweckung des Lazarus (Bl. 48) von 1632, der iSamaritem (B1, 41)
I) Vgl. Bade, Studien, S. 450-
wahrfcheinlich erfcheinen, dafs Sara,
dem Bradtbette gemeint fei.
_45I. Ein ähnliches Bild der Braunfchweiger Galerie läfst es
die Tochter Raguels, in Erwartung ihres Bräutigams Tobias auf