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Sechstes Buch.
II. Abtheilung.
Zweiter Abfchnitt.
ift noch kühl grau; aber das Sonnenlicht bringt warmes Leben hinein; und
gerade in der Verfchmelzung diefer natürlichen Lichtwirkung mit der geiftigen,
äfinträifgf; die vom Apoftel ausgeht, ift Rembrandt fchon ganz er felbft. Unter den
Radimgem übrigen Radirungen feiner Leidener Frühzeit finden flch vor allen Dingen jene
verfchiedenen kleinen Selbftbildniffe feiner Hand, die er manchmal des Studiums
wegen mit befonderem Gefrchtsausdruck, z. B. mit offenem Munde oder mit
zornigen Augen darflellte. Auch unter den übrigen Gemälden der Leidener
532253118" Frühzeit des Meifters I) fallen zunächPc feine Selbftbildniffe auf: man trifft f1e in
iääßläixlg- der Caffeler und in der Gothaer Galerie, in den Mufeen zu Nürnberg und des
Silägäifl- Haag 2). Ihnen reihen als freie Studienköpfe {ich die Greifenbildniffe in der
Ermitage zu St. Petersburg, im Mufeum zu Innsbruck, in der Caffeler Galerie,
im Schweriner Mufeum und beim Grafen Efterhazy zu Nordkirchen in Weft-
falen an. Was Rembrandt gegen Ende diefes Zeitraums bereits im ausgeführten
fjglgerglig" Bildniffe leiPcen konnte, zeigen zunächfi die mit grofser Liebe vollendeten Bild-
ahe"M""e'- niffe feiner alten Mutter im Wiltonhouse bei Salisbury, im Schloffe zu Windfor
und im Oldenburger Mufeum. Das letztere, welches leicht und frei, aber auch
noch zart verfchmolzen in blondem Tone gemalt ift, trägt die Jahreszahl 1631.
Solche Bildniffe verfchafften dem jungen Meifter feine erften Beftellungen aus
Amfterdam; und als die Frucht eines der erfien derfelben haben wir das von
äfegäm: 1631 datirte lebensgrofse, lebenswahre, forgfaltig durchgeführte männliche Bruft-
älgtfgttleörßsf bild eines fchreibenden Herrn (angeblich des Coppenol) in der Ermitage zu St.
burg- Petersburg anzufehen. Sodann laffen {ich aus diefer Zeit noch einige kleinere
Gemälde nachweifen, welche das im Stuttgarter vPauluscr angefchlagene Thema
variiren und fortbilden. Hierher gehört der ebenfalls von I627 datirte, noch
Vogejläxjfärim etwas fchwer behandelte rGeldwechslera des Berliner Mufeums, ein Nachtflück
Mufeum- mit röthlich-gelbem Kerzenlicht, welches wir als das Vorbild einer ganzen Claffe
ähnlicher, von Dou, Schalcken, Boonen fpäter mit Vorliebe gemalten Bildchen
äiiäflgäirläzsr anzufehen haben; hierher gehört das kühle, düftere Bildcheneines fchlafenden
in Turin, Greifen in der Turiner Pinakothek, hierher der neuerdings oft befprochene
xhl. Anaftafius in feiner Zellea von 1631 im Stockholmer Mufeum und der wPetrus
izllprlgsäitf im Gefzingnifse von demfelben Jahre bei Herrn Ed. Andre in Paris. Bilder
beßtl). diefer Art kehren, wie wir vorgreifend bemerken wollen, fogar noch in der
erften Amfterdamer Zeit des Meifters wieder. Die beiden Bildchen von 1633
im Louvre. im Louvre zu Paris, welche Greife _in ihrer Arbeitsilube daritellen, fmd die
fchönften, am feinften geftimmten, am poetifchften durchgeiftigten Bilder diefer
Art, die Rembrandt gefchaffen hat.
tlfifgäßgflfjäj Aber auch in mehrfigurigen kleinen Bildern verfuchte der Meifter flch fchon
in feiner Leidener Frühzeit. Die phantafiifch wirkende, etwas flüchtig gemalte
jgcfgfßg; vGefangennahme Simfonsu im Schloffe zu Berlin und das im Tone des vGeld-
wechslersu gehaltene Nachtftück zPetrus im W achthofer bei Herrn Otto Pein
ifPgjgltif in Berlin tragen die Jahreszahl 1628; und ungefähr derfelben Zeit mufs die
befml fein angeordnete, zart in kühlem Helldunkel getönte xDarPtellung im Tempeln
1) Näheres bei Bade, Studien, S. 364-396.
2) Man vgl. die Polemik zwifchen Wurzbarlz und Bade in der Zeitfchrift f. b.
S. 381, XI. (1876), S. 125 und 222 und K. Bergazßs entfcheidende Mittheilung,
1877), S. 32. '
K. X. (1875),
ebendort, XII.