Die holländifche Malerei
Jahrhunderts,
Die Amfierdamer Schule.
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ländifchen Meiiter und einen der gewaltigften und eigenartigften Künftler aller
Zeiten und Völker kennen zu lernen-
Die Gröfse Rembrandts, des ausgefprochenen Lieblingsmeifters der zweiten
Hälfte des 19. Jahrhunderts 1), beruht natürlich zunächlt, wie diejenige aller
bedeutenden Maler, auf feiner Fähigkeit, die Welt der Erfcheinungen mittels 1382232331:
meifterhafter Handhabung des in Farbe getauchten Pinfels auf die Fläche zu
bannen. Aber das ift doch eben nur die Vorausfetzung jeder grofsen Leiftung
auf dem Gebiete der Malerei. Das Geheimnifs feines Welterfolgs liegt erltlich Gehlgänifs
darin, dafs er, ohne rechts oder links zu blicken, die Natur mit feinen eigenen wiifirftssl
Augen und daher, wie Phidias, wie Jan van Eyck, wie Michelangelo, wie Dürer e e! ogs.
es gethan hatten, auch mit den Augen feiner Zeit und feines Volkes anfah,
fodann darin, dal's er mit echten Künftleraugen begabt war, welche die Natur
zwar mit packender, allen fofort fühlbarer Wahrheit, zugleich aber doch anders,
tiefer, weihevoller anfahen, als die Augen gewöhnlicher Sterblicher, ferner in
der Vielfeitigkeit, faft könnte man fagen Allfeitigkeit feines Stoffgebietes, durch
welche er allen feinen holländifchen Zeitgenoffen überlegen war, endlich in der
Meifterfchaft, mit welcher er feine Behandlungsweife auch den technifchen Ge-
fetzen einer Kunft, welche die Welt fich in mittels des Pinfels auf die Fläche
gebrachten Oelfarben fpiegeln läfst, anzupaffen verftand.
Der Technik der Oelmalerei entfprechend, fieht Rembrandt, mehr vielleicht Seigeltfälälten-
als irgend einer der grofsen Meifter, die dies fchon vor ihm gethan, die Welt
der Erfcheinungen nicht in Umrifslinien, fondern in Farbeniiächen, fieht er mehr
als irgend einer feiner Vorgänger die Farben in der Natur nicht in jener fcharfen
Sonderung, wie fie im Malkaften neben einander liegen, fondern in ihren zarten
Uebergängen und in ihrer hauptfachlich durch das Licht und den Schatten
bedingten Abtönung, macht er daher mehr, als irgend ein anderer Künftler es
vor oder nach ihm gethan, die Poefle des Helldunkels zum Leitftern feiner HeläjiäkeL
Kunft. Daher verfchmäht er auch für die bekannteften biblifchen Gegenftände
alle hergebrachten, auf der alten italifirenden Umrifsmanier beruhenden Compo-
fltionen, ordnet er vielmehr feine Gruppen und Geftalten ftets zunächft dem
Bedürfnifs feiner Lichtwirkungen entfprechend an und erzielt er gerade dadurch
immer neue, eigenartige, von felbft auch in ihrer Linienwirkung geiftvoll wirkende
Compofitionen; daher beachtet er, ein fo tiefes Verftändnifs für die Formen-
qui forment Poeuvre de Rembrandt. Paris 1824. (Th. Wilson): A defcriptive cataiogue of the prints
of Rembrandt. London 1836. Clzarler Blanc: L'oeuvre complet de Rembrandt. Catalogue rai-
fonne de toutes les eaux-fortes du maitrre et de {es peintures. Paris 1854. C. H. Middlßlvn. A
deicriptive catalogue of the etched work of Rembrandt. London 1878. Fr. Seym. Haden: Rem-
brandts etched work. London 1879. Charles Blaue: Ifoeuvre complet etc. Ouvrage comprenant
1a reproduction de toutes les eftampes du maitre. Paris 1880. Eug, Dutuit: L'oeuvre complet
de Rembrandt. Paris 1883. A. D. de Vries in Oud Holland I. (x883), p. 292-310: Aanteke-
ningen naar anleiding van Rembrandfs etsen, Dr. Stniter und W, Bade im Repertorium IX.
(1886), p. 253-26 5: Rembrandts Radirungen. In Vorbereitung fürs Repertorium ein Auffatz über
denfelben Gegenftand von A. Yordrzn, der die Güte hatte, ihn im Voraus dem Verfaffer zur Einiicht
zu fchicken.
I) Der Baron Guftav Rothfchild in Paris übernahm vor Kurzem zwei Bildniffe von Rembrandts
Hand für 700,000 frcs. Für ein Blatt feiner Radirmxgen, dasjenige des Dr. Tholinx, wurden in Eng-
land vor Kurzem 37,750 frcs. bezahlt.