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Sechstes
Buch.
Abtheilung.
Zweiter Abfchnitt.
aufgefafsten, grofsartig, kraftvoll und ftofflich durchgeführten, warm getönten
i" Berlin-Bildniffe des Bürgermeifters Cornelis de Graef und feiner Gattin im Berliner
Mufeum. Die Jahreszahl 1650 trägt das (übrigens fchwerlich echt bezeichnete)
in München. kleine Gefchäftsfttibenbild der Münchener Pinakothek. Wie frei und geiftreich er
Sgiifdenlitfgeilfä- aber in dem letzten Jahrzehnt feines Lebens, faft wie durch Cuyp beeinflufst,
kleine Reiterbildniffe im Freien zu malen verftand, das zeigt ein Reiterftück von
in llragiduri 1660 im Amfterdamer Reichsmufeum, ein ähnliches Bild von 1661 (Fig. 579) in
der Dresdener Galerie und ein drittes im Städelfchen Inftitut zu Frankfurt a. M,
giftig; Seiner Richtung nach müffen wir auch Allrzzlzanz 1) de Vries zur Amtier-
damer Schule rechnen Y). Er ftand offenbar unter dem EinHuffe Thomas de
Sein Leben. Keyfers. Geboren wurde er zu Rotterdam; zwifchen 16 30 und 1640 lebte er in
Amfterdam, wenn er auch 163 5 in Paris war; feit 1643 ift er im Haag nach-
weisbar, wo er 1644 der Gilde beitrat; und hier fcheint er um 1650 geftorben
Kuiälj:ife_ zu fein. In feinen beften Werken tritt er uns als ein höchft bedeutender
Bildnifsmaler. entgegen, der an überzeugender Wiedergabe der perfönlichen
vAehnlichkeita, an ruhiger Gröfse der Auffaffung, an Sorgfalt der felbft die
einzelnen Haare berückflchtigenden Durchbildung, zugleich aber auch an natur-
wahrer Frifche und Klarheit des Helldunkels von keinem übertroffen Wird.
Semfnßliliflit Vortrefflich ill fchon das männliche Bildnifs von 1632 im Mufeum zu Lille.
Auf der höchften Höhe feiner Entwicklung zeigt ihn das Bildnifs eines alternden
in Dresden. Herrn von 1639 in der Dresdener Galerie. Etwas weicher ift das ausgezeichnete
Roufigdamy Bildnifs des Bürgermeifters Vroefen von 1639 im Rotterdamer Mufeum, das
auch noch ein gutes weibliches Bildnifs feiner Hand von 1644 befitzt. Männliche
i" Gotha, Bildniffe des de Vries von 1643 dagegen befltzen die öffentlichen Sammlungen
in Newvork, zu Gotha und zu New York. Im Bürger-Waifenhaus zu Amfterdam fleht man
Amßiixidaln- ein Regentenllück feiner Hand.
ANTgäfäi-agee; Haben wir mit diefen Meiftern die grofse nationalholländifche Bildnifsmalerei
in Amfterdam bis zum Auftreten Rembrandts, ja in manchen Werken fchon
über dasfelbe hinaus verfolgt, fo müffen wir uns nun auch in den anderen
Fächern nach den Vorläufern der Rembrandffchen Kunft in Amfterdam umfehen.
Zunächft mufs hervorgehoben werden, dafs jene holländifche Richtung,
welche {ich in Italien an den Frankfurter Meifter Adam Elsheimer angefchloffen,
fich an feiner feftgefchlofienen Anordnung der Landfchaften, an feiner einheit-
lichen Behandlung des Lichtfalles, an feiner künftlerifchen Gleichflellung der
figürlichen Erzählung mit dem umgebenden Raume begeiftert hatte, zugleich
aber auch, ähnlich wie die Utrechter Kunft eines Honthorft und anderer, die
naturaliflifchen Tendenzen Caravaggids auf {ich hatte einwirken laffen, gerade in
Amfterdam ihre vorzüglichften Vertreter fand; hatte doch ein Meifter diefer
Richtung, Pieter Laftman, das Glück, Rembrandt aus feiner Werkftatt hervor-
gehen zu fehen! PieterLaßnzan wurde 1 58 3 in Amflerdam geboren 3). Seine Lehr-
I) Bis vor kurzem mit dem Antwerpener Adriaen de Vries, mit dem er nichts zu thun hat,
verwechfelt.
2) Ad. [Cqfenberg in der Ztfchrft. f. b. K., XVIII. 1883, S. 346_347.
3) A. Brediu: und N. de Roewr in Oud Holland IV. (1886), p. 1-23. Frühere Arbeiten
über ihn: C, Vosmaer, Rembrandt, 2. Aufl. (1877), p. 68-81. IV. Bade, Studien, S. 341-"343;
vgl. S. 616.