Malerei
Die holländifche
des
jahrhunderts.
I-Iaarlemer
Die
Schule.
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nichts. Gewifs gehören auch diefe zuletzt genannten, xrealifiifchem und doch
durchgeiflrigten, durch die feinen atmofphärifchen Wirkungen befeelten Land-
fchaftsbilder des MeiPcers zu den gröfsten Leifhmgeil der Kunfi. Wir möchten
fle um keinen Preis mifsen. Wenn aber gerade ein auf fo gefundem Boden
Pcehender Künfiler, wie Ruisdael, noch einen Schritt weiter geht und uns mit
allen Mitteln feiner reifilen Kunfi ein Werk fchafft, wie den Judenkirchhof,
welches uns im innerilen Gemüthe packt und erfchüttert, fo dürfen wir das
nicht als einen Rückfchritt, fondern müffen es als einen Fortfchritt zu jenen
höchüen Höhen der KunPr bezeichnen, die nur ganz wenige Sterbliche erklom-
men haben. Die enge Fühlung mit der Natur, wie Ruisdael fie hatte, ifi
freilich die Vorbedingung, ohne welche Idealwerke diefer Art in der Luft
fchweben.
Dafs Ruisdael übrigens auch auf dem Gebiete der malerifchen Technik, Ruisdaels
ohne deren Beherrfchung Realismus wie Idealismus hülflos flnd, zu den be-
wundernswerthefien Meifiern gehört, verfieht {ich nach allem Gefagten von felbft.
Er gehört in feiner heften Zeit eben zu den wenigen Künftlern, welche voll-
kommen ßmanierfreia malen, deffen Willen die Hand und der in Farbe ge-
tauchte Pinfel fo folgen, als malte die Natur felbft das Bild auf die Netzhaut
unferes Auges. Diefe imanierfreier Technik erfcheint eben bei der forgfältigften
Durchführung nicht kleinlich und geleckt, bei der grofsartigften Breite nicht
roh und ungelenk. Sie wird der Nähe und der Ferne, harmonifch ausgleichend
und zufammenfaffend, gleichmäfsig gerecht. Dafs einzelne Bilder Ruisdaels
aber durch die Nachdunkelung, welche fie fpäter infolge der angewandten
Farben erlitten haben, noch dunkler erfcheinen, als der Meifter f1e gemeint
hatte, darf nicht überfehen werden. Selbit die Luft hinter dem Judenkirchhof,
fo fchwarz {ie gemeint ift, fleht unferes Erachtens heute doch fchwärzer aus,
als Ruisdael fre gemalt hatte. Uebrigens ging Ruisdael fo fehr in die inner- Sääggg
liche künftlerifche Durchbildung feiner Landfchaften felbft auf, dafs er das
Figurenzeichnen vernachläffigte. Die Staffage fetzten ihm daher in der Regel
andere Künftler, wie Berchem, A. v. d. Velde, Wouwerman, Lingelbach in feine
Bilder; nicht immer zu ihrem Vortheil, da fie manchmal mit Verhältnifsfehlern
und ohne gehörige Rückficht auf die Landfchaft hineingefetzt find.
Ruisdael war ein fruchtbarer Meifter. Seine Bilder find nichts weniger 1235511215
als felten 1). Sie chronologifch zu ordnen, ift nicht ganz leicht, da er fie, wenn Bilder
er fie auch Pcets zu bezeichnen pflegte, doch nur fehr felten datirte. Nach
einigen diefer datirten Bilder des Meiliers müffen wir uns, um einen Anhalts-
punkt zu gewinnen, zunächft umfehen. Am öfterften hat er feine Jugend-
bilder zwifchen 1646 und 1649 datirt. Diefe find noch kleinlicher und trockener
in der Behandlung, unruhiger in der Farbenzufammenftimmung, brauner 1m
Gefammtton als die fpäteren, zeichnen {ich aber gleich durch eine Fülle male-
rifcher, der Umgegend Haarlem's entlehnter Motive aus. Vom Jahre 1646, von 1646
dem auch eins feiner zehn geiitvoll radirten Blätter 2) angehört, Pcammen zwei
1) yolm Smiilz zählt in feinem Catalogue raisonne VI (1835) p. I-I07 und dem Supplement
1342, p. 680-718 zufammen 459 Nummern, von denen die heutige Bilderforfchung manche Rreichen
würde, denen üe aber {icher auch noch manche hinzufügen könnte.
2) ßwym a. a. 0. I, p. 3o7-3I9; Wezlgel, SuppL, p. 39-42.