Buch.
Fünftes
Zweiter Abfchnitt.
Sevilla geboren wurde, der ältere. Die Spanier nennen ihn feiner Studien und
feines Standes wegen in der Regel den Licenciaten oder den Cleriker Roelas
und erzählen, dafs er {ich als Künfller in Italien und zwar in der venezianifchen
Sein Leben. Schule gebildet habe. Später bemühte er fich in Madrid vergeblich um das
Amt eines Hofmalers, erhielt 1624 dafür dasjenige eines Canonicus an der Kirche
zu Olivares bei Sevilla, ftaro dort aber fchon im folgenden Jahre, am 2 3. April
Sein Sril- 1625. Seinem Stande entfprechend, hat Roelas nur Heiligenbilder gemalt; aber
er hat f1e mit folcher formalen und technifchen Gewandtheit gemalt und mit
foviel Farbenpracht ausgeftattet, dafs in feinen heften Bildern bereits die letzte
VorPtufe vor Murillo erreicht zu fein fcheint. Einige feiner früheren Werke, zu
sifri"flfifrj' denen die grofse Kreuzigung des heiligen Andreas im Mufeum zu Sevilla gehört,
z" 59mm erinnern in ihrer Formengebung mehr an die Nachahmer Raphaels und Michel-
angelds, als an die Venezianer, ja, der hellgrüne landfchaftliche Hintergrund
des genannten Bildes fcheint fait von Niederländern, wie Bril, beeinflufst worden
zu fein; aber die glühende, leuchtende, wenn auch etwas reichlich bunte Farben-
pracht des figürlichen Theiles {trahlt in eigenartig feurigem Schmelze; und in
den Köpfen kommt trotz einer fcheinbaren Hinneigung zum italienifchen Ideal
eine urwüchfig-fpanifche, naturaliftifche Kraft zum Durchbruch. Doch ift diefes
Uniijefüigtb auch Roelas härteftes und bunteftes Bild. Die drei grofsen Hauptbilder im
kirche, Retablo der Univerütätskirche, welche eine heilige Familie (als Mittelbild), eine
Geburt Chrifti und eine Anbetung der Könige darfiellen. gehen fchon einen Schritt
weiter auf dem Wege zu malerifcherer Weichheit der Umriffe und einheitlicherer
Stimmung des Colorits. Noch beffer in fich zufammenhängend ift des Meifters
11312313112?- überrafchend grofsartiges Hauptbild in der Kathedrale, welches den Apoftel
jacobus in der Schlacht bei Clavijo auf weifsem Roffe zeigt, wie er die Feinde
unter {ich niederfchmettert und kühn zum Bilde herauszufprengen fcheint. Am
lfäus.säfjäi)g() reifiten aber ifi: das grofse Gemälde des Todes des heiligen Ifidor in der Kirche
diefes Heiligen (Fig. 441). Wenn die Luft mit der Glorie hier die alte Trocken-
heit und Buntheit auch immer noch nicht ganz überwunden hat, fo find die
Prachtköpfe der Heiligen im unteren Theile des Bildes doch fchon durch jenen
ekftatifch durchglühten Naturalismus ausgezeichnet und von jenem einheitlich
milden Lichte umfloffen, wie die Heiligenköpfe Murillds. Die Hauptbilder des
vflß-eriirän Meifters find damit genannt 1). Doch dürfen auch andere feiner Darftellungen,
Sevilla- wie die Befreiung Petri in S. Pedro, wie die iConcepcione in der Akademie, das
Martyrium der heiligen Lucia in deren Kirche zu Sevilla und feine Gemälde im
benachbarten Olivares nicht vergeffen werden. Aufserhalb Sevillafs flnd f1e fehr
inlggäfid felten. Das Madrider Mufeum befitzt nur die kleine Darltellung des Mofes in der
iWüfte, wie er mit dem Stabe an den Felfen fchlägt, von feiner Hand; und im
in Dresden. Auslande befitzt nur die Dresdner Galerie noch eine vConcepciom von Roelas, die
Die _C0ncep- jedoch nicht zu feinen anziehendften Gemälden gehört. Die iConcepcionest ge-
uonei hörten zu den Lieblingsdarftellungen der Meifter von Sevilla; f1e werden uns in
Zukunft noch öfter begegnen; es mag daher gleich hier daran erinnert fein, dafs
f1e die jungfräuliche Muttergottes, der Erde entrückt, in der Regel auf dem im
I) Dafs die Reihenfolge, in der fie genannt worden, wirklich eine zeitliche Entwicklung bezeichnet,
ift leider nicht erwiefen. Nach Bermudez (IV. p. 228) ift der heilige jacobus der Kathedrale um 1609
gemalt. Die Daten der übrigen Bilder giebt er nicht.