Die
andalufifche
Schule
im
Jahrhundert.
lhrEntwick- Einen ähnlichen Entwicklungsgang, wie in Valencia, nahm die Malerei
hmgsgang. des I6. jahrhunderts auch in Andalufien, dem feurigen Herzen Spaniens,
welches Cafiilien zwar den Ruhm, die gröfsten fpanifchen Dichter erzeugt zu
haben, laffen mufste, dafür {elbft in der Folge dem gemeinfamen Vaterlande
aber jene grofsen Maler fchenkte, welche der eigentliche Stolz der fpanifchen
Kunft find. War Pedro Campana (oben S. 38), jener Niederländer mit nur leicht
italienifchem Anflüge, hier der einflufsreichfie Meifier am Anfang des zweiten
Drittels des Jahrhunderts gewefen, fo trat fein I502 zu Sevilla geborener Zeit-
de ß genoffe Lzzzk n? Vzzrgas, welcher {ich viel länger, als er, in Italien aufgehalten hatte,
feit etwa der Mitte des Jahrhunderts als der eigentliche Vertreter der reineren,
runderen italienifchen Umriffe in den Vordergnind des Sevillaner Kunülebens.
Ehe er nach Italien ging, hatte er feine Hand durch die Anfertigung jener
billigen, xSargase genannten, dünn mit Teinpera bemalten Tücher geübt, welche
damals theils in Sevilla zu decorativen Zwecken verwendet, theils als Andachts-
bilder nach Amerika ausgeführt wurden. In Italien aber hatte er {ich zu einem
isrfggjlfailgif tüchtigen Oel- und Frescotechnilqer entwickelt. Sein älteftes {icher beglaubigtes
dgiljilfaf" erhaltenes Werk ift die 1555 gemalte Geburt des Heilands in der Kathedrale
von Sevilla, eine volle, lebendige, {chön abgerundete Compofition mit Geüchts.
bildungen, welche hie und da allerdings an die Schule Raphaels erinnern, aber
doch überall auch die Eigenformeii des {panifchen Volkes durchblicken laffen.
Die Predella fchildert die Darftellung im Tempel; die Seitenbilder ftellen die
"La gamba-u vier Evangeliften dar. Leider in einer {ehr kleinen, dunklen Kapelle derfelben
Kirche befindet {ich das 156i gemalte berühmte Bild des Meifters, welches
unter dem Namen der vGenealogie Chriftir bekannt ift, in Wirklichkeit aber das
Flehen der Patriarchen zu Maria um Erlöfung darßellt. Maria erfcheint mit
dem Chrifikinde oben in den Wolken. Unter den Patriarchen auf der Erde
zeichnen {ich Adam und Eva durch ihre Schönheit aus, wenngleich priePcerliche
Unduldfamkeit die Stammmutter des menfchlichen Gefchlechts fpäter mit einem
Gewande bekleidet hat. Die treffliche Verkürzung des einen Beines des fitzend
dargefcellten Adams prägte {ich der Mitwelt fo lebendig ein, dafs {ie das Bild
kurzweg vdas Beim, iila gambar, taufte l). Auf die anderen wenigen Oelbilder
des Meifiers, die {ich nur noch in Sevilla erhalten haben, kann hier nicht ein-
Flüge: gegangen werden. Von feinen Fresken, die ihm großen Ruhm eintrugen, z, B,
ÄIoii dem berühmten iiSchmerzenswegci an der Nordfaffade der Kathedrale und
den einft nicht minder berühmten Geftalten in den Nifchen des Thurrnes vla
Giraldari hat {ich {o gut wie nichts erhalten. Nur der obere Theil des jüngfteii
Sein Stil. Gerichts im Hofe der vMisericordiai ift noch einigermafsen kenntlich. So weit
wir den Meifter heute noch beurtheilen können, erfcheint er uns in der That
als ein recht tüchtiger Nachfolger der Italiener, der freilich auch nur zu den
Manieriften gewöhnlichen Schlages gerechnet werden würde, wenn feine fpanifchen
I) Die eingehendße und
H. Lücke a. a. O. S. 248-
befte
-249.
Befchreibulag
diefes
nicht
ohne
Kerzenlicht
erkennbaren
Bildes