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Buch,
Sechstes
Abtheilung,
Erftcr Abfchnilt.
Houfe) in London, wenn {ich Bodes Vermuthung l), dafs unfer Meiflter es gemalt
habe, beflätigen follte.
Von den Radirungen, die unter Brouwers Namen gehen, kann keine als
eigenhändige Arbeit des Meifiers gelten. Die Hüchtigen Zeichnungen feiner
Hand aber, welche holländifchen Stechern als Vorlagen dienten, gehören feiner
Frühzeit an?)
In feiner Art gehört Brouwer trotz, vielleicht auch wegen feiner Ein-
Brouwversü feitigkeit zu den bedeutendften Meiftern des 17. Jahrhunderts; und wenn er
auch feiner künfllerifchen Entwickelung nach zwifchen den Vlaamen und den
Holländern in der Mitte fteht, die individualifirende Kraft von den Holländern,
die dramatifche Lebendigkeit von feinen vlämifchen Landsleuten hat, fo bleibt
er vor allen Dingen doch immer der Originalkünftler, der feine eigenen Wege
gefucht und gefunden hat.
Eben deshalb war fein Einflufs auf die vlämifche nicht nur, fondern auch
auf die holländifche Sittenmalerei aufserordentlich mächtig. Wir können hier
zunächfi nur von feinem vlämifchen Hauptfchüler, von 70m zum Craesäcßccfzl)
Sein Leben. reden. Diefer war um 1606 zu Neerlinter geboren, kam als Bäcker nach
Antwerpen, fchlofs hier, durch die gleiche Vorliebe für ein flottes Leben zu
ihm hingezogen, Freundfchaft mit Brouwer, wurde aus deffen Freund fein
Schüler und lernte rafch fo gut auf den Stil des Anfangs der mittleren Zeit
desfelben eingehen, dafs beider Bilder manchmal noch mit einander verwechfelt
werden. Im Jahre 1634 trat Craesbeeck als nBäcker und Maleru der Lucas-
gilde zu Antwerpen bei und übte hier fein Handwerk neben feiner Kunft aus,
bis er 1651 nach Brüffel zog. Hier trat er ebenfalls der Lucasgilde bei und
hier ftarb er nach A16 54. Seine Formen- und Bewegungsfprache ift unbeholfener
und geifilofer, als diejenige Brouwers, feine Malweife ift in der Regel klar, fefi
auftragend, etwas trocken; feine Farbenaccorcle lind anfangs reich und frifch
innerhalb der blonden Tonart, um fpäter freilich wärmer, aber auch fchwarz-
Semi: Qyfiflf fchattig fchwerer und trüber zu werden. Am bellen kann man ihn in Wien
kennen lernen. Hier ift er in der Kaiferlichen Galerie mit einer ausgezeichneten
vvlämifchen Bauernwirthfchafta und vSoldaten und Weibernu vertreten; in der
Akademie-Sammlung befindet {ich eine vScene vor einem WlfthShZlLlfCa von
feiner Hand; die meiflen feiner Bilder aber befitzt die Galerie Liechtenftein,
z. B. wdas Frühftück des Bauernehepaaresa, wdie Lautenfpielerin mit dem Alten
und einigen Zuhörernu, vdie beiden Verliebten mit dem kofenden und dem
fchlafenden Mädchenu; die bekannteften feiner übrigen Bilder find: vdas Atelier
in Brüffel, des Meiflers felbfh in der Galerie Arenberg zu Brüffel (bezeichnet), das nMaler-
im Lßuvrß-atelieru im Louvre zu Paris 4) (Fig. 550), die vliederliche Schenkea im Ant-
I) uGraphifche Kiinitea a. a. O. S. 53. Bisher in der Regel dem Rembrandt zugefchrieben.
Bode hält die Möglichkeit, dafs D. Teniers d. das Bild gemalt habe, nicht ganz für ausgefchloffen;
der Verfaffer wagte nicht, als er das Bild fah, an einen ihm bekannten Kiinßlernamen zu denken.
2) Vgl, Bade a, a. O. S. 41, S. 60-62,
3) F. v. d. Branden, Gefchiedeilis, p. 857-863. Von demfelben Verfaffer auch eine
befondere Abhandlung: nAdriaen de Brouwer en Joos van Craesbeecku, im Kunftbode, 1881, S, x 50 ff".
4) Von U", Bürger (Galerie d'Arenberg p. I00) und Anderen dem Brouwer zugefchrieben;
aber {roher mit dem Katalog Craesbeeck zuzufchreiben. So auch Bade a. a. O. S. 69.