Die
[ehe
Malerei
des
Jahr
hunderts.
Die
Maler
Figuren.
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Anderen fpäter und vielleicht in Paris) gefiorben fein foll, war der zweite
Brüffeler Hauptfchüler David Teniers' des Jüngeren, entwickelte {ich aber
felbfländiger, als Tilborch, oder gerieth, richtiger gefagt, während eines
Aufenthaltes in Frankreich unter den Einiiufs Ad. F. van der Meulens.
Duchaftels Hauptbild, welches feine volle Namenszeichnung und die Jahreszahl
1668 trägt, Pcellt die Huldigung der Staaten von Flandern bei der Thron-
befteigung Karls V. dar. Es befindet fich im Mufeum zu Gent; und nach
Mafsgabe diefes Bildes hat man ihm neuerdings nicht nur den Tilborch
zugefchriebenen aAuszug der Ritter vom goldenen Vliefse im Brüffeler Mufeum
fondern auch das vPanorama von Valenciennesr im Antwerpener Mufeum
zugefchrieben, welches ftark an Teniers erinnert, für diefen felbfi aber entfchieden
zu fchwach ift. Ein feines, warm durchgeführtes, lebensgrofses Bildnifs eines
jungen vlämifchen Edelmannes von feiner Hand befltzt das Berliner Mufeum;
feine kleinen Bildnifsgruppen eines reich gekleideten Reiters mit einigen Neben-
Figuren befindet fich im Louvre zu Paris.
Aber es wird Zeit, von der Familie Teniers und ihren Schülern oder
Nachfolgern Abfchied zu nehmen, um uns Brouwer und den Seinen zuzuwenden.
Adrizzun Brozzzvcr (Brauwer, auch de Brouwer) wurde früher in der Regel äzgflijjrt
unter die Holländer gefiellt; aber die neuere Forfchung hat ihn, wenn er auch
wahrfcheinlich in Haarlem unter Frans Hals, dem grofsen Antwerpener, der
allerdings nicht von der holländifchen Schule getrennt werden kann, gelernt
hat, doch mit Entfchiedenheit der vlämifchen Schule zurückgegeben?) Er ift
Wegen der Derbheit feiner Stoffe und feiner Anfchauung nicht eben ein Künfiler
für Frauen und xSchöngeiPtere, aber er ifl wegen der Schärfe feiner Beobachtung,
der Urwüchfigkeit feiner Auffaffung und der freien Meiflerfchaft feiner Dar-
ftellungsweife ein Liebling der Künliler und Kenner. Die Stätten, die er Pcudirt
und malt, find die vom n gemeinen Manna befuchten Schenken, Baderituben u.
welche auch die Stätten feines täglichen Verkehrs waren. In's Freie wagte er
{ich nicht oft; landfchaftliche Hintergründe fchon giebt er, im Gegenfatz zu
Teniers, feinen Darftelluilgen nur äufserft felten; und wirkliche Landfchaften
malte er nur in Ausnahmefällen, dann aber freilich mit eigenartiger Meiiter-
fchaft. Auch fpielen die Binnenräume, in die er feine Vorgänge verlegt, als
folche keine fehr felbftändige Rolle in feinen Bildern; bei der forgfaltigen
Durchbildung des Stillebenbeiwerks hält er fich, Wenngleich er es meiPcerhaft
darzuftellen verfieht, in der Regel nicht auf; der in feines, duftiges Halbdunkel
gehüllte Raum bildet vielmehr nur den Grund, von dem die lebhaft bewegten,
in geiftvoll zufammengeitellten. Farben fchimmerndcn Gefialten feiner Bilder fich
abheben. Und die Geftalten, die er darftellt, {ind niemals verallgemeinert,
fondern in jedem einzelnen Falle individuelle Charaktere der Volksklaffen, die
er uns vorführt. Dafs er fie manchmal derb bis zur Fratzenhaftigkeit auffäfSt,
1) So fchon Snzitlfs Catalogue III, 11447-448; Waagm- Crouze, Handbook p. 328; des-
gleichen L. Scheibler.
2) S0 in Deutfchland zuerfi; W Sclzmizit: Das Leben des Malers Adriaen Brouwer. Leipzig
1872. Die neuefte, alles Frühere zusammenfaffende Monographie des Meifiers iß W Bodeß meifier-
hafte Arbeit: A. Brouwer, Ein Bild feines Lebens und Wirkens, im Bd. VI der "Graphifchen Kiinfieu,
Wien 1884, S. 21-72.