486
Buch.
Sechstes
Abtheilung.
Eriler
Abfchnitt.
Di:'äe't_ noch die Schule Geer. Dazzjfets (oben S. 480) in Betracht zu ziehen. Sahen
wir fchon bei Douffet felbft in Folge feines langen Aufenthaltes in Italien einen
akademifch-italifirenden Zug hervortreten, fo fehen wir bei feinem Schüler
Bertholet F lemalle und feinem Enkelfchüler Ger. Laireffe diefen Zug, verbunden
mit einer bewufsten Nachahmung des Franzofen Nic. Pouffin (oben S. 320), ihre
"o" LümCh-künfilerifche Phyflognomie fo vollftändig beherrfchen, dafs wir ihre Bilder beim
erfien Anblick für Werke der franzöfifchen Akademie halten Würden. Hand
in Hand damit geht bei beiden Meiflern, eben im Anfchlufs an Pouffm, auch
eine Verkleinerung der Figuren und eine folche Ausbildung des landfchaftlichen
und baulichen Hintergrundes, dafs wir fie, wenn fie nicht auch eine Reihe
grofser Altarbilder gemalt hätten, in's folgende Kapitel verweifen müfsten, zu
dem {ie ja, an den Schlufs dief es Kapitels gefiellt, auch von felbft hinüberleiten.
_ Berlin. [Jlämalle 1) war 1614 zu Lüttich geboren, hier der Schüler erft eines
wenig bedeutenden Meifiers, dann des Douffet gewefen, hatte {ich in Rom, wo
unzweifelhaft Pouffln direct auf ihn einwirkte, weiter gebildet, einige Jahre mit
Erfolg in Paris gearbeitet, {ich fchliefslich aber wieder in feiner Vaterfiadt
niedergelaffen, wo er 1675 ftarb. Seine religiöfen Bilder finden {ich noch recht
zahlreich in den Kirchen Lüttichs (z. B. eine Kreuzigung, eine Anbetung der
Könige und ein betender heiliger Carlo Borromeo in der Kathedrale, eine
zweite Kreuzigung in St. Jean). Das Brüffeler Mufeum befltzt eine ziemlich
grofse räzüchtigung Heliodorsr von {einer Hand. Von feinen weltlichen
Bildern trägt die recht kalte Darfiellung des Abfchieds des Aeneas und der
Seinen von Troja (früher Pelopidas genannt) in der Dresdener Galerie feine
Namensinfchrift. Ihr fchliefsen Bilder, wie mAlexanders Abreife nach Aflene
und vdie {terbende Lucretiarc in der Caffeler Galerie fich an. Schon diefe
Gegeniiände zeigen, wefs Geiftes Kind er War.
GäxzLaireffe. Alles in Allem bedeutender als F lemalle wurde fein Schüler Gär. Laireffe i).
Sein Leben. Er war 1641 in Lüttich geboren, befuchte nach Beendiguug feiner Lehrjahre
verfchiedene niederrheinifche und niederländifche Städte, liefs fich aber fchliefslich,
durch einen Kunfihändler bewogen, in Amfierdam nieder, wo er I 7 II ftarb.
Da feine akademifch-franzöflrende Richtung dem Gefchmack des ausgehenden
I7. und des beginnenden 18. Jahrhunderts felbfi im Vaterlande Rembrandts
entgegenkam, fo gelang es ihm, von hier aus eine bedeutende Rolle zu fpielen.
Die beften Stecher der Zeit {lachen feine zahlreichen, hauptfächlich antikifirend
mythologifchen Gemälde; er felbft betheiligte {ich durch eigene Radirungen an
der Vervielfältigung feiner Compofitionen, gab auch für feine Schüler Werke
über die Zeichenkunft und die Malerei heraus und forgte fogar, indem er zwei
feiner Söhne (Abraham und Jan) Maler werden liefs, dafür, dafs fein Name
im Kunftleben Amfterdams auch mit feinem Tode nicht erlofch.
Sein Sril- Laireffe knüpfte an den kalt-akademifchen Stil feines Meifters Flemalle an,
liefs fpäter die Werke Poufflns, wenn auch wohl hauptfächlich durch Stiche,
auf {ich einwirken, bildete in Folge deffen zunächft die landfchaftlichen Hinter-
1) Heläig a. a. O. p. 181-197.
2) Yufe: [lelbig a, a. O. p. 202-220. In dem Verzeichnifs der NVerke des Meifters hat
Helbig merkwürdiger Weife die drei Sammlungen, die am wichtigften für ihn flnd, nämlich das
Amiterdamer Mufeum, das Braunfchweiger Mufeum und die Caffeler Galerie unberücküchtigt gelaffen.