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Sechstes
Buch.
Abtheilung.
Erfter Abfchnitt.
ums; und diefes befitzt neben noch einigen anderen charakteriftifchen Werken
des Meifters auch fein berühmtes Bildnifs, welches Abraham Grapheus, den
"Knaap" (Burfchen, Hausdiener) der St. Lucasgilde darflellt. Der etwas ver-
grämt dreinblickende Alte, deffen Bruft mit grofsen blanken Schildern behängt
ist, fteht an einem reich mit goldenen und filbernen Gefäfsen befetzten Tifche,
deren eines er in der Linken erhebt, während er in der herabhängenden Rechten
einen Krug hält. Es ifl eins der packendften, lebendigften und zugleich eines
der einfachften und natürlichften Bildniffe, die je gemalt worden find. Diefem
1620 vollendeten Einzelbildnifs fchliefst fxch, wenige Jahre fpäter gemalt, das
in Brüffel, prächtige Gruppenbild des Brüffeler Mufeums an, auf dem der Meifter fich
felbft und feine Familie in leichter, ungezwungener Anordnung, in fchlichter
aber liebevoller Durchführung und in wärmerem Tone, als er ihn fpäter anzu-.
fchlagen liebte, dargeftellt hat. Charakteriftifcher und beffer als durch diefe
genannten Bilder kann man Cornelis de Vos überhaupt nicht kennen lernen.
Von feinen grofsen Hiftorienbildern feien daher auch nur noch die vAus-
igegjäal: giefsung des heiligen Geiftesa von 1613 in der Kirche zu Nieukerken, fein frühestes
in Wien, Meifterbild, und die wSalbung Salomonsr in der Kaiferlichen Galerie zu Wien, ein
grofses Ceremonienbild, genannt; auf feine mythologifchen Darftellungen, deren
in Madrid, das Madrider Mufeum einige befltzt, können Wir, da f1e ihn nicht in feinem
eigenen Fahrwaffer zeigen, nicht näher eingehen; aber auf einige feiner befien
Bildniffe mufs noch hingewiefen werden. Vor allem kommen hier Gruppen-
bildniffe in Betracht, wie die Darfiellung der Familie Hutten mit Ausficht auf
in München, Schlofs und Garten in der Münchener Pinakothek, wie die von ihrem Reich-
thum umgebene Dame zwifchen ihrem etwa achtjährigen Mädchen und ihrem
noch etwas "jüngeren, Seifenfchaum blafenden Knaben im Braunfchweiger
i'f1Cf;Zfgf'Mufeum, ein Bild, das zugleich vielleicht eine Allegorie auf die Nichtig-
keit des Reichthums istl), wie ferner das Bildnifs des Waifenhatisvorltehers
Salomon Cock mit einem Jungen, der einen Brief in der Hand hält, in der
in carrel, Caffeler Galerie, wie vdie Töchter. des Malersa und rein Ehepaar auf der
in Berlin, Terraffe feines Landhaufese (von 1629) im Berliner Mufeum. Einzelbildniffe
feiner Hand haben fich befonders im belgifchen Privatbefitze erhalten; doch
rechnen wir zu feinen charakterifiifchen Werken diefer Art auch das früher
Rubens zugefchriebene Kinderbildnifs (von 1627) im Städeffchen Inflitut zu
Frankfurt a. M. Eine grofse Schlichtheit der Auffaffung, die jedoch immer
wahr und lebendig bleibt, eine grofse Einfachheit der Pinfelführung, die jedoch
frei und geiftvoll genug ift, um xmoderne im Sinne der reifen Zeit des fieb-
zehnten Jahrhunderts zu fein, und eine vornehme Kühlheit der Farbengebung,
die manchmal freilich zu unnöthiger Bläffe herabfinkt, find die auffalligflen
Merkmale des Porträtftils diefes Meifters.
Bei den übrigen Antwerpener Hiftorienmalern grofsen Stils, die noch aus
Miäßjm dem I6. Jahrhundert ftammten, wie Abr. Mattlzzjlv (I 581-1649), von deffen Hand
flch in Antwerpener Kirchen einige Bilder erhalten haben, und wie Gillis
Bafjißge, Backeree! (gefi. vor 1662), deffen Bildern man in den belgifchen Kirchen, aber
auch im Mufeum von Brüffel und in der Kaiferlichen Galerie zu Wien begegnet,
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