Volltext: Die Malerei von der Mitte des sechzehnten bis zum Ende des achtzehnten Jahrhunderts (Bd. 3, Hälfte 1)

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Buch. 
Sechstes 
Abtheilung. 
Erfter Abfchnitt. 
{ich an. YVir fehen einen halbnackten Hirten, der einen Dudelfack auf dem 
Rücken trägt, ein junges Weib umarmen, und erkennen, wie fo oft, in dem 
Weibe Frau Rubens, geborene Helene Fourment, in dem Hirten aber den 
MeiPcer felbft. _ 
aäuääajb Endlich wäre ein Wort über die eigentlichen, eigenhändigen Landfchafts- 
{Chafm- gemälde des Meifters zu fagen. Im Allgemeinen {ind fie fchon oben charak- 
terifirt worden. Man braucht {ich in der That nur des kleinlichen Baumfchlages 
und der ängftlichen Detaillirung feines Freundes Jan Brueghel, dem er gleich- 
wohl manchmal, wie bei der ßfchlafenden Dianari in München, dem vhlÄ-lubertusr 
in Berlin und dem vSündenfallea im Haag, den Gefallen that, feine kleinen 
Landfchaften mit Figuren auszuftatten, zu erinnern, um {ich der bahnbrechenden 
Bedeutung feiner grofsartig breit und frei behandelten, hauptfächlich auf die 
Gefammtwirkting berechneten und faft immer der atmofphärifchen Stimmung 
fein und verftändnifsvoll Rechnung tragenden Landfchaften bewufst zu werden. 
 IilgqoctVon feinen Landfchaften heroifchen Stiles mit mythologifcher Staffage iPc die 
fcälzfrrsgzin fchönfte wohl das Gemälde des Palazzo Pitti zu Florenz, welches Odyffeus vor 
  Naufikaa an der Küfie der Phäaken zur Staffage hat; die Morgenfonne bricht 
durch dunkle Sturmwolken und beleuchtet das noch immer braufende Meer, die 
zackigen Berge der Küfie und die Gärten des Alkinoos. Noch dramatifcher 
treten die Naturgewalten uns in dem grofsen Ueberfchwemmungsbilde der kaifer- 
in Wien. lichen Galerie zu Wien entgegen, deffen Staffage uns die Rettung von Philemon 
und Baucis erzählt. wUnter zuckenden Blitzen und fchwefelgelbem XVetterfcheinei 
entlädt {ich der mächtige Wolkenbruch, und braufend, wogend, Wafferfälle bildend, 
ergiefst die Fluth {ich von Thal zu Thal. Als dritte fchliefst fich ihnen die 
ighiffsläfnpnfzLandfchaft mit dem Schiffbruch des Aeneas aus der Sammlung Hope in 
lung- London an. 
 Die meiften Landfchaften des Rubens {tammen übrigens wohl aus feinem 
"hake" letzten Lebensjahrzehnt, aus der Zeit feiner Zurückgezogenheit auf feinem Schloffe: 
Steen; und dementfprechend ftellen fie die an fich fchlichte, aber frifche und 
üppige Natur feiner belgifchen Heimat dar; aber fie zeigen auch diefe Natur 
unter der. Einwirkung mächtiger Wolken auf der einen, heller Sonnenßrahlen 
auf der anderen Seite, manchmal von Regengüffen gepeitfcht, oft vom Bogen 
des Friedens überwölbt. Das fchönfte aller diefer Bilder ifi wohl die Land- 
(glgrlifiggägd fchaft mit dem Regenbogen bei Sir Richard Wallace in London; ihr fchliefsen 
iyääzcggh Rubens" Landfchaften in der Londoner National Ciiallery und in Windfor Caftle, 
(liffrgv 133g)? aber auch die Landfchaft mit dem Regenbogen in der Münchener Pinakothek 
in München: fich an. Von intimerem Charakter ift die köftliche Abendlandfchaft des Meifters 
mäßig?" beim Earl of Pembroke im Wiltonhoufe; und ihr fchliefst wieder die Abend- 
i" Sähfgers" landfchaft in der Eremitage zu Petersburg {ich an, welcher ihre Staffage, ein 
Karren, der umftürzen zu wollen fcheint, während die Pferde den Waldbach 
durchfchreiten, den Namen ela charette embourbeev gegeben hat. Es ift eine 
der wirkungsvollften Stimmungslandfchaften, die es giebt. Hinter dem NValde ift 
die Sonne untergegangen. Abendroth färbt den Himmel und füllt die einfame 
Natur mit röthlichem Glanze: zugleich aber geht der Mond auf; und fein ftilles, 
gelbes Licht nimmt fiegreich den Kampf gegen die weichende Tageshelle auf. 
Zum Verftändnifs der RaRIoIigkeit und Vielfeitigkeit des Meifters darf 
Rubens 
als Land 
fchafter. 
Seine heroi- 
fchen Land- 
fchaften in 
Florenz,
	        
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