432
Buch,
Sechstes
Abtheilung.
Erfter Abfchnitt
Esieläifgi fein mufs. Das bette, frifchefte Exemplar diefes zugleich ariftokratifchen und
naiven, fein gezeichneten und in köftlichen Farbenglanz gehüllten Bildes befindet
fich in der Galerie Liechtenftein zu Wien. Das Exemplar der Dresdener
Galerie wird von der belgifchen und franzöfifchen Kritik für eine eigenhändige
Wiederholung, von der deutfchen Kritik der Gegenwart aber nur für eine
Werkfiattswiederholung gehalten, an der der MeiPter höchftens etwas nach-
geholfen haben könnte
eäigegäkp Wir gelangen nun unvermerkt in's letzte Jahrzehnt des Lebens des Meifiers,
Welches ihm, abgefehen von den fchon erwähnten F ortfetzungen feiner Reifen
zu Anfang desfelben und abgefehen auch von der Gicht, die ihn gegen Ende
desfelben plagte, ruhig und heiter im Kreife der Seinen, in der Gunft und
Freundfchaft der Grofsen der Welt, und in unausgefetztem Schaffen verflofs.
Rubens war reich genug, um fürfilich leben zu können, ohne weiterzuarbeiten.
Aufser feinem Palafte in Antwerpen bewohnte er zeitweilig im Sommer das
prachtvolle alte Schlofs Steen in der Nähe von Mecheln, welches er 1635
gekauft hatte. Aber es fiel ihm nicht ein zu feiern. Sein künfilerifcher Schö-
pfungsdrang liefs ihm keine Ruhe; da er jedoch inldiefem Zeitraum mehr
Ruhe hatte, als im vorigen, neben den zahlreichen Werkftattsbildern, an deren
Ausführung er {ich nur in geringem Mafse betheiligte, auch eigenhändige
Schöpfungen zu vollenden, fo haben {ich gerade aus diefer Zeit viele köftliche
Bilder feiner Hand erhalten, die doppelt werthvoll find, weil fie uns zugleich
die Wandlung veranfchaulichen, die feine Malweife im Laufe von zwanzig bis
fünfundzwanzig Jahren durchgemacht hatte. XIVie viel weichflüffiger, wie viel
mehr auf den Gefammtton hin er jetzt malte, als früher, ift fchon weiter oben
betont worden. Helles Licht und ßblumiger Farben find in feinen Gemälden
aus diefer Zeit zu einem Ganzen von unbefchreiblich leuchtendem Schmelze
Die Söhne
des Rubens.
Rubens'
letztes Jahr-
zehnt.
verbunden.
Von gröfseren Gemäldefolgen, die in diefem Zeitraume aus Rubens Atelier
(ü: hervorgingen, kommen zunächft die decorativen Bilder in Betracht, welche er
Eicniräaäfs 1635 aus Anlafs des Einzugs des neuen fpanifchen Statthalters, des Cardinal-
Infantcn. Infanten Ferdinand (Ifabella war ihrem Gatten 1633 in's Jenfeits gefolgt) zum
Schmucke der Siegesbögen erfand und theihveife auch felblt ausführte i). Die
Entwürfe des Rubens befinden fich an verfchiedenen Orten, z. B. im Mufeum
von Antwerpen und in der Eremitage zu St. Petersburg. Von den ausgeführten
Gemälden haben {ich einige erhalten. Berühmt ifl die grofse, unter dem Namen
iQuos egor bekannte Darftelluilg des die Fluten beruhigenden Neptun in der
Dresdener Galerie. Sie fchmückte urfprünglich den Siegesbogen bei der Georgs-
kirche, fcheint im NVefentlichen eigenhändig ausgeführt zu fein und zeigt gerade
in intereffanter Weife, wie der Meifter in feinen letzten Jahren malte, wenn er
rafch für einen decorativen Zweck arbeitete. Andere Darftellungen von anderen
Siegesbögen haben {ich in der kaiferlichen Galerie zu Wien (wDie Begegnung
des Infanten Carl Ferdinand mit dem König Ferdinand von Ungarnr), im
I) Die näheren
(1885), S. 191.
2) Stichwerk:
Th. v. 'l'l1ulden.
Alugabela in des
Pompa introitus
Verfaffers Text zu Brauns
Ferdinandi, Geflochen in
Dresdener Galeriewerk,
Antwerpen, Hauptläclal
Lief. V
ich von