vlämifche Malerei
Jahrhunderts.
Peter Paul Rubens.
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entfieigen auch hier die Todten ihren Gräbern und fchweben die Seligen,
einander liebevoll mit emporziehend, zur Rechten des Weltrichters empor.
Rechts gähnt auch hier der Schlund der Hölle, in welchen die Verdammten in
wilden Knäueln hinabgefiürzt werden. Aber die Gruppen find malerifcher
zufammengefafst, und Chriftus, feine Mutter und die Heiligen des Himmels find,
den neuen, mehr malerifchen, als plafiifchen Stilgefetzen entfprechend, per-
fpektivifch bedeutend verkleinert und, von duftigem Lichtglanz umgeben, auch
ihrer Farbe nach deutlich in gröfsere Ferne gerückt. Rubens Kraft, gewaltige
Maffen menfchlicher Leiber nicht nur zeichnerifch, fondern auch malerifch-
coloriflifch zu beherrfchen, zeigt {ich fchon hier erftaunlich genug, wenngleich
er gerade in diefer Beziehung in ähnlichen fpäteren Werken noch bedeutende
Fortfchritte gemacht hat. Um I6I_8 trat Rubens auch in den Dienii der Wexräxjsum
Teppichwirkerei. Er fchuf für die Brüffeler Teppichfabrik feine pathetifchen
und lebensvollen Entwürfe zu Darftellungen aus der Gefchichte des Confuls llbie Darftel-
Decius Mus, von denen zwei in der Münchener Pinakothek erhalten find, äeritäeilaeäliälä;
während fich fechs der gewaltigen, decorativ und geiftig gleich bedeutenden Deciiiisivrus.
Compofitionen in überlebensgrofser Ausführung in der Galerie Liechtenfiein zu
Wien befinden 1). Diefe letzteren find unzweifelhaft unter der Mitwirkung von
Schülerhänden entftanden 2); aber es erfcheint uns ebenfo unzweifelhaft, dafs
Rubens fie wenigfiens zum Thcil eigenhändig übergangen hat. Dem Jahre 1618
gehören der aFifchzug Petrir in der Liebfrauenkirche zu Mecheln, die iVer- in läkäreln
fiofsung der Hagarr, die Rubens felbft als wero originaler bezeichnete, beim in Lvndoni
Duke of NVefiminfier in London, die fchönen, energifchen Bildniffe des Jean-wiäliiiiiuiiafr),
Charles des Cordes und feiner Gemahlin im Brüffeler Mufeum und, wenn f1e in BrüKeL
nicht fchon früher entfianden, auch die von wilder Kanipfesleidenfchaft durch-
glühte, von unbefchreiblich grofsartigen und lebenskräftigen Thiergefialten D15: "ä-övyßn-
erfüllte nLöWenjagdx in der Münchener Pinakothek (Fig. 524) an. iiiaugiiciiä.
Man fleht, dafs Rubens fchon jetzt die verfchiedenartigfien Gebiete, die
unter gewöhnlichen Verhältniffen zu Sonderfächern verfchiedener Meifier werden,
mit gleicher Leichtigkeit und gleichem Feuer beherrfchte. Im Jahre 1619
entftanden dann wieder fo verfchiedenartige Darfiellungen, wie die packende Bilger yon
vcommunion des hl. FYEIIIZiSCLISK im Antwerpener Mufeum, wie der mächtig Aixrivgerliilen.
einheitlichem Zuge in der Maffenbehandlung folgende vEngelfiurzr in der
Münchener Pinakothek und die unbefchreiblich lebensvolle und farbenfchöne in München.
vAmazonenfchlachtr in derfelben Sammlung. Es ift das alte TizianTche Motiv A Die
eines Kampfes auf der Brücke, welches Rubens in diefem letzteren Bilde mit
überfprudelndem inneren und äufseren Leben neu gefialtet hat. Ein Schlacht-
gewühl zu Fufs und zu Rofs ift nie vorher und nie nachher fo wild und zu-
gleich fo klar, fo anfchaulich und zugleich fo malerifch reizvoll gefchildert
worden, wie in diefem kleinen Bilde. Im nächfien Jahre (1620) entftand dann
wahrfcheinlich wieder eines der grofsartigfien Porträtftücke des Meifiers, das Bilder _v0n
koftbare Bild der Münchener Pinakothek, welches in prächtigfier Anordnung iitiäzhign,
I) Vgl. Gveler 21012 alfavensburg: Rubens und die Antike, S. 176 ff.
2) Nach einem Zeugnifs fcheint es, als hätte kein Geringerer, als van Dijck einen lolchen Haupt-
antheil an ihrer Ausführung, dafs man fie im WVefentlichen als fein YVerk anfehen müfste. Vgl,
F. v. d. bürzmieu a. a, 0., p, 702, Anm. 1_