Volltext: Die Malerei von der Mitte des sechzehnten bis zum Ende des achtzehnten Jahrhunderts (Bd. 3, Hälfte 1)

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Sechstes 
Buch. 
Abtheilung. 
Abfchnitt. 
Erfler 
eigenen, palaftartigen Haufes, welches er mit allen Bequemlichkeiten des Lebens 
und mit allen Kunftfchätzen, die er gefammelt hatte, aufs prächtigfle ausftattete. 
Seine Gattin fchenkte ihm 1614 den erflen, 1618 den zweiten Sohn. Bis zum 
jahre 1621, in dem er, einem Rufe der Königin Maria de' Medici folgend, zeit- 
weilig nach Paris überfiedelte, Hofs fein Leben zwar in angeflrengter künftle- 
rifcher Arbeit, aber ohne befondere andere Ereigniffe, als die Schöpfungen 
feines Pinfels, die alljährlich in unglaublicher Anzahl aus feiner von Anfang an 
mit Schülern und Gefellen überfüllten Werkftatt hervorgingen, ruhig und heiter 
dahin. Die Hauptwerke, welche diefem Zeitabfchnitte feines Lebens angehören, 
inüffen wir uns nunmehr vergegenwärtigen. 
Falääijlßei Bisher galt es als ausgemacht, dafs zu den früheflen Werken, die Rubens 
vScliäuliiihi-n in Antwerpen nach feiner Heimkehr aus Italien gemalt, das Altarwerk für die 
London. Brüderfchaft des heiligen Ildephons gehörte, Welches fich jetzt in der kaiferlichen 
Galerie in Wien befindet. Neuerdings find jedoch Urkunden aufgefunden 1), 
welche beweifen, was übrigens die Malweife der Gemälde längft hätte wahr- 
fcheinlich machen inüffen, dafs fie erft nach 1630 entfianden find. Wir werden 
das berühmte Werk daher erft fpäter befprechen. Ein religiöfes Bild, welches 
Rubens unbezweifelter Mafsen 1609 ausgeführt hat, ift die köftliche heilige 
 Familie bei Sir Richard lrVallace in London. Den Bildnifsftil feiner Antwerpener 
55225253321; Frühzeit aber zeigt uns in vollendetfler Klarheit das Prachtbild der Münchener 
 Pinakothek (Fig. 52 3), in dem der Meifter fich felbft mit feiner jungen Gattin 
in einer Geisblattlaube fitzend dargeftellt hat. Hier ift Alles Ptofflich, fePr und 
klar behandelt, verhältnifsmäfsig kühl und beftimmt in der Farbe, aber erftatiiilich 
wahr und lebendig. Die Gruppe ift mit der überlegenften Freiheit angeordnet; 
und aus den unzweifelhaft fprechend ähnlichen Zügen des fchmucken Paares 
 blickt uns ruhiges Selbftbewufstfein und volles Glück mit wohlthuender Ueber- 
zeugungskraft an. Das Bild mufs dem für Rubens Entfaltung fo glücklichen 
Angiälng Jahre 1610 angehören, welches aufserdem die unbefchreiblich herrliche wAn- 
(äsrhlääitiiflf betung der Königei, jetzt im Madrider Mufeum, und vor allen Dingen die 
Aufrgiäßtung grofsartige wAufrichtung des Kreuzesr, jetzt im Dome zu. Antwerpen, entftelien 
äineäejäläzijäiffah. In diefeni zuletzt genannten lcoloffalen Bilde tritt uns des Meifters 
Agfäisrggn. dramatifche Kraft zum erften Male in ihrer ganzen Frifche und Wucht entgegen. 
Schon hängt der Heiland, den Blick gen Himmel wendend, am Kreuze; und 
wir fehen mindeftens ein halbes Dutzend herculifcher, lialbnackter Männer mit 
der äufserfien Anftrengung ihrer Muskelthätigkeit im Begriffe, es aufzurichten. 
Wüfste man nicht, dafs der Heiland die Sündenlait der ganzen Welt auf fich 
genommen, fo könnte es des Kraftaufwandes für den Zweck faft zu viel 
erfcheinen. Auf dem rechten Flügel fehen wir den Hauptmann zu Pferde, 
I) Aug. Caßalz: Les origines et 1a date du Saint Ildephons de Rubens, Besangon 1334. Vgl. 
Frivmzels Bericht über diefe Schrift im nRepertoriumu VIII, 1885,  381-383.  Hiernach mufs 
man annehmen, dafs das Werk erfl nach dem Tode Albrechts, ja erfl 1630-32 entßanden,  Im 
Widerfpruch damit fteht die Angabe Ed. v. Engerth: in [einem nßefchreilaenrlen Verzeichnifsu der 
kaiferlichen Galerie zu Wien, II, 1884, S. 372. Hiernach enthalten die Akten über den Ankauf des 
Bildes durch Maria Therelia zugleich Mittlieilungen über feine Entflehung, welche beflätigen würden, 
dal's Erzherzog Albrecht das Bild gleich nach Rubens Rückkehr aus Italien beftellt habe. Die Aus- 
führung konnte {ich 'edoch, wenn dem wirklich fo war, hinausgefchoben haben,
	        
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