Volltext: Die Malerei von der Mitte des sechzehnten bis zum Ende des achtzehnten Jahrhunderts (Bd. 3, Hälfte 1)

Malerei 
Die vlämifche 
Iahrhunderts. 
Peter Paul 
Rubens. 
413 
Compofitionsweife, feine Formenfprache und feine Grunclauffaffung fo ziemlich 
unverändert; feine Pinfelführung nur machte von diefem Zeitpunkte bis zu 
feinem Lebensende doch noch, abgefehen auch von den erwähnten durch die 
verfchiedenen Gelegenheiten bedingten Verfchiedenheiten, deutlich in die Augen 
fallende Veränderungen durch; im Ganzen ift es diefelbe Entwicklung, die wir 
auch fchon bei anderen, befonders fpanifchen Künftlern diefer Zeit wahr- 
genommen haben und die wir auch bei holländifchen Meiftern in ähnlicher 
Weife wiederfinden werden. In der früheren Zeit ift fein Vortrag fefter, 
gebundener, plaflifcher und find zugleich feine Farben ernfler und gemäfsigter; 
in der mittleren Zeit iPr er breiter, freier, bleiben die einzelnen Pinfelftriche, 
die freilich auch auf feinen früheften Werken felten vollftändig verfchmolzen 
find, unvermittelter neben einander ftehen und erreicht zugleich feine Farben- 
gebung den höchften Grad ihrer buntfchillernden Pracht; in der letzten Zeit 
wird er weicher, leichter, malerifch fiüffiger und geht feine Farbengebting zu- 
gleich in warme, feine, im duftigflen Schmelze leuchtende Tonftimmung über. 
Wenn es übrigens zahlreiche, ja zahllofe vRubensTcher Bilder giebt, für Seine _Pro- 
welche unfer Lob des Meifters viel zu hoch geflimmt erfcheint, fo liegt das duwvitäh 
einfach darin, dafs kein Meifter der Welt, Kranach etwa ausgenommen, in 
folchem Umfange für mäfsige und fchwache Schülerarbeiten verantwortlich 
gemacht wird, wie Rubens. Rubens befafs allerdings eine erftaunliche Pro- 
duktivität; er arbeitete aufserordentlich rafch; er foll manches grofses Altarbild 
binnen vierzehn Tagen angefangen und vollendet haben; allein das waren 
Ausnahmen; feine eigenhändigen Arbeiten führte er in der Regel langfamer 
und forgfaltiger aus; wenn feine Fingerfertigkeit auch derjenigen des in diefer 
Beziehung berüchtigten italienifchen Meifters vFa preftor (oben S. 200) gleich 
kommen mochte, fo hütete er {ich in der Regel doch, von ihr in gleicher Weife 
Gebrauch zu machen. Die Anzahl der Bilder, die unter Rubens" Namen gehen "Vgfllfifijfts- 
 fie können, von ganz thörichten Taufen abgefehen, auf etwa 1400 gefchätzt 
werden  ift jedoch fo grofs, dafs nicht auf alle vierzehn, fondern etwa auf 
alle acht bis neun Tage feit feiner Heimkehr aus Italien ein Bild fallen würde, 
wenn er fie alle felbPt gemalt hätte; und dies iPt in der That bei keinem 
Künitler weniger der Fall als bei ihm. Er hatte zahlreiche Schüler und Gehilfen, 
welche ihm an die Hand gingen. Zunächft verftand er fich, ein fo bedeutender 
Thier- und Landfchaftsmaler er auch felbft war, doch felten dazu, auf den 
bei ihm beflellten grofsen Hiftorienbilder die Thiere oder die Landfchaft felbft 
zu malen; er hatte flch hierfür tüchtige Meiiter, wie F. Snyders, den Thier- Änäfgvälel 
maler, wie Luc. v. Uden und Jan Wildens, die Landfchaftsmaler, die wir fpäter 
näher kennen lernen werden, herangezogen; und die Befteller, welche mit ihrer 
Beihilfe vollendete Bilder erhielten, fuhren nicht fchlecht dabei. Oft aber, ja 
faft immer in feiner mittleren Zeit, liefs er auch den figürlichen Theil feiner 
Gemälde von Schülern untermalen, ja bis zu einem gewiffeil Grade fertig 
machen; und er felbft überging fie eigenhändig nur zu guter Letzt, um ihnen  
das Gepräge feiner eigenen Pinfelführung aufzudrücken. Wie viel und wie 
wenig er feine Schüler malen liefs und wie viel oder wie wenig er felbft 
hinzuthat, richtete fich nach der Zeit, die ihm zur Verfügung Pcand, aber auch 
nach der Gunft, in der die Befteller bei ihm {landen und nach dem Preife, den
	        
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