Volltext: Die Malerei von der Mitte des sechzehnten bis zum Ende des achtzehnten Jahrhunderts (Bd. 3, Hälfte 1)

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Buch. 
Sechstes 
Abtheilung. 
Erfter Abfchnitt. 
malerei zu einem felbfländigen Fache, nachdem Hans Fredeman de Vries 1) in 
mehr decorativem Sinne vorgearbeitet hatte, fich in Belgien und in der Ueber- 
gangszeit vom fechzehnten in's fiebzehnte Jahrhundert vollzog. Diefe Ent- 
wicklung knüpft fich befonders an die Namen der beiden Hendrik Steenwijck 
und der beiden Peeter Neefs. 
 Hendrik Stemwzjck d.  ift um I5 50, wahrfcheinlich zu Steenwijck im 
Seif-Läselh Kreife Overyffel?) geboren, aber früh nach Antwerpen gekommen und beim 
Aufenthalte des Hans Fredeman de Vries in diefer Stadt deffen Schüler gewefen. 
Jedenfalls wurde er 1577 Meifter der Antwerpener Gilde. Bald darauf verliefs 
er jedoch fein Heimathland, zog nach Deutfchland und liefs fich in Frank- 
Gfrflägäe furt a. M. nieder, wo er um 1603 Pcarb  Er malte das Innere gothifcher 
Kirchen, grofser Säle und mächtiger Steingewölbe, die er manchmal durch 
Fackellicht erleuchten liefs. Die Figuren feiner Bilder rühren in der Regel von 
anderen Händen her; feine Binnendarftellungen felbft find zwar noch etwas 
hart, aber fie find zugleich feft und klar in der Zeichnung und durch eine 
energifche Darftellung des Dämmerlichtes und der tiefen Schatten bemerkens- 
werth. Sein früheites datirtes Bild ift das gothifche Kircheninnere von 1585 
in Mailand, in der Ambrofiana zu Mailand, ein Bild, deffen Figuren von Jan Bruegel dem  
herrühren. Ausnahmsweife von aufsen genommene Architekturflücke feiner Hand 
in Deffau. flnd der Colonnadenplatz von I 588 (bez. vFrankforte) im AmalienPtift zu Deffau 
T6553? und das Marktbild von 1598 im Braunfchweiger Mufeum. Andere Bilder 
insiflpziäg: des Meiflers findet man in Wien und St. Petersburg; auch das Innere einer 
iläuäacle Renaiffancekirche von 1602 im Stockholmer Mufeum und die, wie es fcheint, 
inhsgirä. vom felben Jahre datirte Halle mit fchlafenden Wachen in der Caffeler Galerie 
dürften auf ihn zurückgeführt werden, wogegen das ihm zugefchriebene Gefang- 
nifsbild von 1604 in der kaiferlichen Galerie zu Wien aus dem angeführten 
 Grunde ficher ein Jugendwerk feines Sohnes Helzzirik Steenwzjkla d. 3'. fein 
Seindigßen. mufs. Diefer wird um 1580 in Frankfurt a. M. geboren fein 4). Er war fpäter 
Segiiläriälries in Antwerpen thätig, ging aber dann (vor 1629) nach London, wo er längere 
Seigvifzrgtes Zeit thätig war. Dafs er 1649 noch am Leben war, beweift fein bezeichnetes 
in Berlin. und datirtes Bild von diefem Jahre im Berliner Mufeum (Vorrath). Als Künfller 
Sein Stil. trat er ganz in die Fufstapfen feines Vaters, milderte deffen manchmal metallifche 
Härte aber allmählich zu malerifcher Breite, um fchliefslich dünner im Vortrag 
und kälter im Ton zu werden. Bezeichnete und datirte Bilder feiner Hand find 
ägihgifägi: keineswegs felten. Man fuche fie z. B. im Louvre zu Paris (u. A. Kirchen- 
inneres von 1618 [nicht 1608, Scheibler], Halle mit Chriftus, Martha und Maria 
[Fig. 522] von 1620), in der kaiferlichen Galerie zu Wien (u. A. das erwähnte 
Gefangnifs mit der Befreiung Petri von 1604, das Innere einer gothifchen Kirche 
I) Vgl. oben S. 93. Es ift hinzuzufügen, dafs der neue Katalog der kaiferlichen Galerie zu 
Wien (II. Band, 1884) als nneuaufgeflelltu vier mit dem Monogramme des Meifters verfehene Archi- 
tekturflücke aufführt. 
2) A1 v. Mander, a_ a. O., ed. Hymans, mit des letzteren Anmerkungen 11', p. 66. 
3) Da K v. Manrler fein Werk 1604 abfchlofs und gleichwohl berichtet, dafs der Meifler, 
wie er glaube, 1603 gefiorben fei, fo ifl fein Tod eher früher als fpäter zu fetzen und nicht anzu- 
nehmen, dafs er 1604 noch gemalt habe. 
4) Vgl. das Verzeichnifs der Berliner Galerie von 1383, S. 443.
	        
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