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Buch,
Sechstes
Abtheilung.
Erfier Abfchnitt.
fggfäßi; Iiebzehnten Jahrhunderts vlämifch-germanifche Namen tragen und nur ein kleiner
Bruchtheil von ihnen, und nicht einmal der bedeutendfien von ihnen, ihrem
Klmß- Namen nach franzölifch-wallonifcher, alfo rornanifcher Herkunft ifi, hat man von
jeher und überall die belgifche Kunfi diefes Zeitraumes mit der vlämifchen
identiflcirt und als ein Stück germanifcher, nicht romanifcher Cultur angefehen.
Es ift fogar eine eigenthümliche Erfcheinung, dal's einige der bedeutendften
belgifchen MeiPcer diefes Zeitraumes, welche franzöfifche Namen trugen, wie
vor allen Dingen Ph. de Champaigne, vielleicht auch Fr. Millet, wie wir gefehen
haben (oben S. 335 und 337) geradezu nach Frankreich auswanderten. Der
germanifche Grundcharakter der im Lande bleibenden Künfller, auch derjenigen,
die einen Theil ihrer Entwicklung in Italien durchgemacht hatten, blieb um {o
unverfälfchter und unbeltrittener; und nie und nirgends hat iich, gerade in Folge
der erwähnten Aufnahme und Verarbeitung einzelner romanifcher Elemente,
die KunPc eines germanifchen Volkes fo reich, fo vielfeitig und fo üppig gee
Haltet, wie im {iebzehnten Jahrhundert in Flandern. Feitlich und prächtig
raufcht {ie einher. Sie liebt es, {ich fchillernd, aber nicht unharmonifch, in alle
Farben des Regenbogens zu kleiden. Sie verliebt es, grofsartigen körperlichen
und geifiigen Bewegungen einen feurigen, lebendigen Ausdruck zu verleihen;
aber fle verfchmäht es auch nicht, das Volksleben zu belaufchen, flCh im
Schatten hoher Waldbäume zu erquicken, kecker Waidmannsluft zu fröhnen
und farbige Blumenkränze zu winden.
Uebergaxlgsnmeifier.
läilägnggiik- Den grofsen Schwung und den einheitlichen Zug der Kunft des fiebzehnten
Alfliälirirzä; Jahrhunderts erhielt die vlämifche Malerei erft durch P. P. Rubens. Seine V or-
gänger auf dem Gebiete der grofsen Figurenmalerei haben wir bereits kennen
gelernt (oben S. 57-93), feine eigenen Lehrer fogar nicht nur in diefem Fache,
fondern auch in demjenigen der Landfchaftsmalerei (S. 91). Hauptlächlich, nicht
ausfchliefslich, auf diefem letzteren Gebiete haben wir nun aber zunächft noch
eine Reihe von Meiftern des Uebergangsftiles aus dem fechzehnten ins fieb-
zehnte Jahrhundert kennen zu lernen, welche zum gröfseren Theile älter find
als Rubens, aber auch, foweit fie jünger find als er, vor ihm befprochen werden
müffen, weil fie eine alterthümlichere Auffaffung und eine weniger frei ent-
wickelte Malweife vertreten. Gemeinfam ift ihnen _Allen, dafs fie, von wenigen
Ausnahmen abgefehen, nur verhältnifsnläfsig kleine, in der Regel auf Eichenholz
oder auf Kupfer gemalte Staffeleibilder in die Welt gefetzt und diefe Bilder
nur mit kleinen Figuren ausgefiattet haben, die in der Regel fogar fo klein
find, dafs fie nur als die Staffage der ausgeführten Landfchaften des Hinter-
laäi gruncles wirken. Der Figürliche Theil der Gemälde zeigt bei einigen diefer
3:; 3215:; Künftler noch Anklänge an die italifirenden Meifler der zweiten Hälfte des
gangsmeiüer. fechzehnten Jahrhunderts, welche wir kennen gelernt haben, bei den meiften
knüpft er an die frühen nationalen Realiften, wie P. Brueghel u. f. w. an.
fcllljgftlgggg Ihrem Landfchaftsflile nach aber {tehen alle diefe MeiPcer auf dem Boden der
Theil- felbftändigen vlämifchen Entwicklung, welche wir bereits bis zu Gillis van