Die
franzöflfche
Malerei
Jahrhunderts.
Die
und
Vouets
Schule
Akademie.
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einen feften Preis zu verfchaffen. Jedermann erkannte feine Ueberlegenheit auf
dem Gebiete der Porträtmalerei an. Seine Neider fuchten feine hiftorifchen
Compofitionen jedoch herabzufetzen. Da liefs die Königin-Mutter ihn eines der Slfjgeinlfiasr"
ausgedehnteften Freskowerke aller Zeiten, die Kuppel der Kirche Val-de-Grace
in der Rue Saint-Jacques zu Paris malen. Mignard fetzte, dem italienifchen de-Gräße-
Zeitgefchmacke entfprechend, natürlich das von unten gefehene Himmelsgewölbe
felbft an die Stelle des Kuppelgewölbes; und er malte die Herrlichkeit des
Paradiefes hinein: in den Zenith die auf Wolken thronende heilige Deieinigkeit,
in immer weiteren Kreifen umzogen von Cherubim, Seraphim und allen himm-
lifchen Heerfchaaren, an den Rand in die Mitte den Altar mit den fieben
Leuchtern, ringsum in langen Reihen, in den mannichfaltigften Gruppen die
Heiligen des alten Bundes, des Neuen Teftamentes und der chriftlichen Legende.
Als das Werk 1663 vollendet war, erregte es ungeheures Auffehen. Sogar
der Luftfpieldichter Moliere wurde aus Begeifierung feinem Fache untreu und
widmete ihm ein langes Gedicht. Wenn feine Farben auch verblafst {ind, ift
es im Ganzen doch wohlerhalten. Man erkennt den Eintlufs Raphaels, der
römifch-bolognefifchen Schule und Tintorettds. In den Einzelgruppen fpricht
{ich eine Fülle von Schönheitsgefühl aus. Das Ganze wirkt jedoch nicht fonder-
lich originell und erfcheint eintönig wegen des nothwendiger Weife gleich-
mäfsigen Lichtes, welches den unendlichen Raum erfüllt. Für Paris war ein
folches Riefenfresco mit über 200 überlebensgrofsen Geftalten aber unter allen
Umüänden eine künftlerifche That. Mignards Name war auf Aller Lippen.
Gleichwohl lebte er in ftetem Kampfe mit den übrigen mafsgebenden Parifer
Künfilern. An der in feiner Abwefenheit gegründeten Akademie waren die Sgägelfadfff
leitenden Stellungen vergeben; da er {ich mit einem zweiten Platze nicht Akademie-
begnügen wollte, {iellte er {ich an die Spitze ihrer Gegner und half den Wider-
{fand der vr-llleifierr, deren Gilde fich den Namen der Akademie des hl. Lucas
beilegte, gegen die königliche Kunftanftalt organiflren. Es bildete fich eine
Partei Mignard und eine Partei Le Brun. Der Hof aber liefs weder den einen
noch den anderen der beiden Meifter diefe Streitigkeiten entgelten. Auch
Mignard erhielt einen grofsen decorativen Auftrag nach dem anderen und
wurde mit Beftellungen, Bildniffe zu malen, förmlich überfchüttet. Sein Haupt- Gaffrifeein
werk auf decorativem Gebiete wurde die Gemaldefolge in der Galerie des SI-Cloud-
Schloffes St. Cloud, welche er 1677 im Auftrage Philipps von Orleans malte:
die Gefchichten Apollons, die vier Jahreszeiten, die Ueberrafchung des Mars
und der Venus durch die übrigen Götter u. f. W. Hier entfaltete Mignard die
ganze Pracht feiner an {ich etwas unfruchtbaren, aber durch ein gutes Gedächtnifs
unterftützten Einbildungskraft, hier liefs er feinem echt franzöfifchen, mehr aufs
GFä-Ziöfe, 315 äufS Mä-Chtige gerichteten Schönheitsgefühl freien Lauf, hier liefs
er feinen hellften, wärmften Farbenglanz leuchten. Leider ifi das Werk ebenfo
wenig Cfhaltßll, Wie fein Gemälde-Cyklus in Hötel d'Hervart, den er einige irn HörÄi
Jahre früher ausgeführt hatte, und wie feine Gemälde im Schloffe zu Verfailles, dHmart'
deren Ausführung ihm einige Jahre fpäter übertragen wurde. Alle diefe
Schöpfungen feines Pinfels find nur in den Stichen B. P0illy's, Ger. Audrans
und anderer erhalten. Als Lebrun 1690 ftarb, erreichte Mignard endlich das
Ziel feines Ehrgeizes. Niemand machte ihm nunmehr den erPten Rang flreitig.