Malerei
franzöflfche
Die
Jahrhunderts.
Pouffln.
Nicolas
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fammengefafst ift, an feinen Gefialten fpielen zu laffen; und der unharmonifch
bunte Eindruck mancher feiner Bilder ift nur durch das Durchwachfen des
Bolusgrundes, durch das Nachdunkeln der Schattenpartien, durch das Ausbleichen
anderer Farben bedingt. Uebrigens laffen {ich gerade in feiner coloriftifchen Pägfgffmfls
Entwicklung gewiffe Wandlungen verfolgen. Im Anfang feiner römifchen Lauf-
bahn hat er es noch nicht ganz aufgegeben, mit den Bolognefen oder gar mit
den Venezianern in der Pracht der Farben zu wetteifern; doch erfcheint er
gerade dann oft bunt und unharmonifch; in feiner mittleren Zeit legt er auf
den Glanz der Farben ein geringeres Gewicht, als auf eine warme, harmonifche
Haltung und eine gleichmäfsigere Durchbildung des Helldunkels; in feiner
letzten Epoche wird feine Farbe, wenigftens in feinen Figurenbildern, bald fchwer
und trübe, bald blafs und kreidig. Auch feine Zeichnung, zumal in der Com-
pofltion, iPc in feiner mittleren römifchen Zeit am harmonifchften und gefchlof-
fenfien. in feiner früheren Periode oft noch etwas hart und trocken, in feiner
letzten Zeit nüchterner und unruhiger.
Betrachten wir endlich das Stoffgebiet, welches Pouffin fich in Rom erobert, alsPäg2EfS_
fo fehen wir, dafs dasfelbe im Wefentlichen ebenfalls durch feine antiquarifche mal"-
Neigung befiimmt wird. Nur vereinzelt kommen Bildniffe, vereinzelt allegorifche
DarPcellungen, vereinzelt auch nur Illufirationen zu italienifchen Dichtern von
feiner Hand vor; und Sittenbilder aus dem Leben feiner Zeit hat er überhaupt
nicht gemalt. Die überwiegende Mehrzahl feiner Darfiellungen fpielt in der eigent-
lichen alten Zeit, fei es nun, dafs er uns die heitere Fabelwelt der Griechen
oder die patriarchalifchen Gefchichten des alten Tefiamentes, fei es, dafs er uns
die durch die Hiftoriker überlieferten Epifoden aus der alten griechifchen und alsllljiäi;g'iten_
römifchen Gefchichte bis zur Zerftörung Jerufalems durch Titus oder die durch maler-
die Evangeliften überlieferten Gefchichten des neuen Teftamentes veranfchaulicht.
Auch die letzteren fafst er weit mehr von ihrer archäologifch-hi{'corifchen
als von ihrer religiösaculturellen Seite auf ; und verhältnifsmäfsig felten entlehnt
er feine Darfiellungen der fpätern Heiligenlegende.
Alles in Allem wirkt Pouffms Kunft weniger frifch, naiv und urfprünglich, Dlleegläffi?"
als bewufst, abfichtlich und überlegt auf uns. Es wäre ungerecht, ihm eine
reiche künfllerifche Phantafie abfprechen zu wollen; aber er arbeitet in der
Regel doch mehr mit dem Verfiande, als mit der Einbildungskraft. Nichts
charakterifirt ihn beffer, als die Antwort, die er einem Bekannten gab, der ihn
fragte, wodurch er es fo weit gebracht habe in der Kunfi. vJe n'ai rien
negliger, fagte Pouffin; vlch habe nichts vernachläffigtki
Im Wefentlichen vollzog {ich diefe ganze Stilentwickelung Pouflins, von
deffen vorrömifcher Malweife wir uns keine genaue Vorftellung machen können,
gleich in den erlien Jahren feines Aufenthaltes in Rom. Nur darauf bedacht,
{ich weiter zu bilden, malte er in diefen Jahren nur das Nothwendigfie, um fein
Dafein zu friften. Erft gegen Ende der zwanziger Jahre, als er felbfl bereits
in der Mitte feiner dreifsiger ftand, erregte er durch zwei grofse Gemälde, Rom-
welche er für den Cardinal Barbarini fchuf, Auffehen in Rom. Das eine, welches nigälcilgs
den Tod des Germanicus darflellte, ift leider verfchollen, doch durch Stiche von Z 2a
Chatillon und anderen bekannt, das zweite, welches die Zerfiörung Jerufalems Jifriirgiäiiii,
zeigte, verfchenkte der Cardinal; Pouffin mufste es reicher wiederholen; der Jemmvmem
Gefchichte a. Malerei. 111. 21