Die franz. Malerei des I 7. Jahrh.
A. Die franz. Realiften in der erfien Hälfte des jahrh. u. S. Vouet.
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die erfte Parifer Zeit des Meifters nach feiner Rückkehr aus Rom hinzudeuten
fcheint. Auch die Eremitagefammlung zu St. Petersburg befitzt mehrere Bilder i" Sä-Lfggers-
feiner Hand, unter ihnen eine Darfielluilg der Venus und des Adonis, welche,
wie eine Reihe anderer Compofitionen des Meifters, z. B. feine vier Tugenden
im Schloffe zu Verfailles und feine in Dorignyls Stichen erhaltenen Grotesken
aus dem Badezimmer der Königin (R. D. no. 105_119), von einem geachteten ewäfäe
franzöfifchen Kritiker 1) angeführt worden ift, um zu beweifen, dafs Vouet
keineswegs nur ein geifilofer Nachahmer der Bolognefen gewefen fei, fondern
in manchen Stücken einer nationalen Auffaffung die Wege gebahnt, z. B. eine
echt franzöfifche Eleganz bewährt habe, die ihn zu einem directen Vorläufer
Boucher's mache. Diefer Kritiker kannte alle diefe Werke aber nur aus den
Stichen; und er nahm die Eleganz des Stechers für ein Verdienft des Malers.
Gerade das Venus- und Adonisbild in St. Petersburg ift plump in den Formen,
leer im Ausdruck und fchwer und grau in der Farbe. Wir können auf die
Gemälde Vouets in anderen Sammlungen an diefer Stelle nicht weiter eingehen.
Von feinen Schülern werden wir die bedeutendften fpäter in anderem Zu- 5253i?
fammenhange kennen lernen. Nur feine vor ihm geftorbenen Brüder Auäin äräägr
und Claude Vouet mögen im Vorübergehen fchon hier genannt fein; und des unfläljlde
Malers und Stechers Mkolezs Ckaprozz (um 1599 bis nach 1619), der flch be-
fonders durch feine radirten 2) und gemalten Bacchanale berühmt gemacht hat, Chßvwn-
mufs ebenfalls fchon an diefer Stelle gedacht werden. Seine Gemälde find
fehr felten. Doch fleht man zwei Kinderbacchanale feiner Hand in der St.
Petersburger Eremitage. Von feinen Radirungen in diefer Art lind die beiden
vSatyrfamiliene (Rob. Dumesnil 55 und 57) hervorzuheben. Sein Hauptwerk
find jedoch feine 52 Blätter nach Raphaels biblifchen Loggienbildern.
Als eines Nebenbuhlers Vouets müffen wir fifrzcqzzes Blanckardßv 3) gedenken, Nebäfälfxhler
eines Künftlers, welcher 1600 in Paris geboren war, 1624 erft nach Rom, dann Bäjfcfääjjig
nach Venedig ging, wo er die fpäteren Meifter der Lagunenftadt auf {ich ein-
wirken liefs, 1627 zugleich mit Vouet nach Paris zurückkehrte und hier durch
das in Frankreich noch nie gefehene, venezianifch angehauchte Colorit und die
intimere_Durchbi1dung feiner Darftellungen ein folches Auffehen erregte, dafs
manche Kenner ihn über den allmächtigen Hofmaler Vouet ftellten. Einmal
erhielt er fogar Gelegenheit, flch mit diefem zu meffen. M. de Bullion, der
Surintendant des fmances, liefs ihn, während Vouet die obere Galerie feines
Palaftes malte, das Erdgefchofs deffelben mit dreizehn mythologifchen Gemälden
fchmücken, die er in Oel auf die Wand malte. Beide Cyklen lind, wie fo viele
der grofsen franzöfifchen Monumental- und Decorationsgemälde des 17. Jahr-
hunderts, fpurlos untergegangen. Wir können Blanchard nur nach einigen feeägzßeifääli:
rheil. Familienr im Louvre zu Paris und im Mufeum zu Nantes beurtheilen und
müffen unfer Urtheil dahin zufammenfaffen, dafs Blanchard ihretwegen den
Namen des wfranzöiifchen Tiziana, den man ihm beigelegt hat, HiCht Verdient-
Eher erinnern fie an die Kunliweife der Baffani; doch müßfe man {Ich dann
L. Dujßzux, a. a. O. p. LXIX_LXXII.
K06. Dunzemi! VI, P. 230-232, n0_ 55-58.
(Fälibievz) a. a. O., II, p. I78-I8I ; (fzlrgelzwille)
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