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Sechstes
Buch.
Dritter
Abfchnitt.
Abr. Borte. Ein echt franzöfifcher Stecher, der fich, nicht ohne bewufste Anlehnung
an Callot, auf einigen Gebieten in ähnlichen Bahnen bewegte, wie diefer,
freilich aber die Radirnadel in manierierter Weife nach Art des Stichels zu
handhaben fuchte, war A614 Bosse von Tours (I610_1678). Seine achthundert
Blätter lind von gröfster Wichtigkeit für die Gefchichte des Coftüms und der
Hoffitten feiner Zeit und werden daher befonders in Frankreich wieder fehr
gefchäzt. Auch gehört er zu den früheften Schriftfliellern, welche über die
Technik-des Kupferftichs gefchrieben haben.
Valentin. Zu den eigentlichen Realiften des I7. Iahrhunderts zählt ferner der Maler
Valentin; nur dafs die Eigenart diefes Meifters weniger felbftändig, als diejenige
der Le Nain und Callots, vielmehr durchaus durch die Auffaffung Carravaggids
(oben S. 171 ff.) bedingt erfcheint, dafür aber freilich auch um fo kräftiger
und packender ift. Valentin (Le Valentin nennen die F ranzofen ihn in der
Regel) fcheint nur der Vorname des MeiPters gewefen zu fein. Die Fabel,
dafs er Moyse Valentin geheifsen, war durch feine Bezeichnnng als Monsü
Gebi:i2ort_ (für Monsieur) Valentin in einem italienifchen Briefe entftanden. Dafs das
Städtchen Coulommiers (en Brie) feine Heimat gewefen, ergiebt {ich aus dem
sierilnRlziäf-ßn Vergleiche der Berichte verfchiedener alter Schriftfteller. Dafs er jung nach
Rom gegangen, wo der Cardinal Barberini {ich feiner annahm, berichtet fein
Sein frühes ältefter Biograph, durch den wir auch erfahren, was freilich fchon feine Bilder
Difrgnsääy beweifen, dafs er flch Caravaggio zum Vorbild genommen und dafs ihn durch
kaltes Baden in erhitztem Zuftande ein frühes Ende ereilte i). Sein Geburts-
btglräsdegjltl und fein Todesjahr werden jedoch verfchieden angegeben, felbft in den neueften
jahres. wiffenfchaftlichen Katalogen 3). Als ficher dürfen wir nur anfehen, dafs er
1) G. P. ßallori, Vite etc. (1672, p. 216): ude Brien; 7, Sandnzrt, "Feutfche Academie
(1678, II, S. 367) uvon Colomben.
2) Giuzl. Baglione, Vite etc. (1642, p. 337-338): nnel {iore de11' Operareu.
3) Als fein Todesjahr gab Sczlzdrart (a. a. O. S. 367), der ihn perfönlich gekannt, 1634 an.
Dagegen liefs dßilagensville, (a. a. o. 1745 p. 260-262), der eine handfchriftliche Nachricht darüber
zu befitzen erklärte, ihn 1600 geboren und 1632 geftorben fein; und Mariette (a. a. O. T. V, 1858-
1859, p. 358) veröffentlicht einen 1632 in Rom gefchriebenen Brief, welcher meldet, dafs Valentin nil
y a environ quinze jours ou un mOiSn geftorben fei. Die Echtheit diefes Documents vorausgefetzt,
hätte Saudrart ihn alfo zwei Jahre zu fpät fterben laffen. Die Herausgeber des Mariette (a. a. O. p.
359), welche gegen die in Coulommiers gemachten, von Blanc acceptirten archivalifchen Forfchungen,_
die Valentin mit einem 1601 geborenen Jean de Boulogne identificiren wollten, mit Recht polemiflren,
halten doch mit Mariette daran feft, dafs er 1600 oder 1601 geboren fein müffe, dafs er aber 1632,
zweiunddreifsig Jahre alt geftorben fei. Inzwifchen follen fernere Nachforfchungen in Coulommiers er-
geben haben, dafs im Januar 1591 ein älterer Bruder jenes Jean de Boulogne, der als uValentinus, iilius
Valentinin bezeichnet wird, geboren fei; und mit diefem identiticiren einige neuere Forfcher den Maler
Valentin, den fie daher 1591 geboren fein laffen: man fehe z. B. die Artikel in der uBiographie
universelle, Bd. XLII, p. 452 Anm. 1; und in der aBiographie generalen, Bd. XLV (Paris 1866) p.
858-59; wogegen felbß der Louvrekatalog (1879) dabei bleibt, 1600 als Valentins Geburtsjahr an-
zuerkennen, uncl ich auch durch briefliche Nachfrage in Paris nicht habe erkunden können, wo jene
neueren Documente publizirt worden. Meines Erachtens hat man nur die Wahl, entweder bei der
Angabe D'Argensvi1le's und Mariette's ftehen zu bleiben oder aber, wenn man den von Mariette
publicirten Brief von 1632 verwirft, zu Sandrarts Angabe, Valentin fei 1634 geftorben, zurückzukehren
und dann auch den 1591 geborenen Valentin als den Maler anzuerkennen. Diefer Anflcht folgt z. B.
E. v. Engertlz in dem nBefchreibenden Verzeichuifsu der kaif. Gem.-Gal. zu Wien, Bd. I (1882) S. 469,
Wßgegen ich wohl anführen darf, dafs Eng. Milntz, der ausgezeichnete Parifer Forfcher, mir gütigft