Volltext: Die Malerei von der Mitte des sechzehnten bis zum Ende des achtzehnten Jahrhunderts (Bd. 3, Hälfte 1)

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Buch. 
Sechstes 
Zweiter Abfchnitt. 
Hofmaler in Madrid, geft. 1758), von deffen Hand zahlreiche, zum Theil taufchend 
ähnliche Copien nach Gemälden Murillds in der Welt verbreitet wurden, wäh- 
 rend feine eigenen Bilder, wie die Madonna mit dem Kinde und die Ma- 
donna, welche dem hl. Franciscus erfcheint, in der Akademie San Fernando 
zu Madrid, der hl. jofeph im Berliner Mufeum und vor allen Dingen feine be- 
rühmte heilige Familie (Nuestra Senoraidel Consuelo) in der Kathedrale zu 
Sevilla, wieder eine auffallende Aehnlichkeit mit feinen Copien nach den Ge- 
mälden feines Vorbildes befitzen. Der andere ift D022 Benmrdr) Gemzmz de 
Llvrenre-Llorznlz" (1685-1757), dem es fogar gelang, mit einer Neufchöpfung, der 
vjungfrau als Schäferina, wie fie dem Zeitgeifte entfprach, Auffehen zu erregen. 
Ein bekanntes Exemplar diefer rDivina Pastorar befitzt das Madrider Mufeum. 
An der Vortragsweife Murillds hält auch Llorente mit Abficht feft; aber freilich 
wird fie "unter feinen Händen fchwerer und Hüchtiger, bunter und nüchterner 
zugleich. 
 Von Tobar und Llorente müffen wir, um die Meifter kennen zu lernen, 
"hütet: welche in der Schule von Sevilla eine gewiffe Selbftändigkeit neben Murillo 
behaupteten, einen grofsen Schritt rückwärts thun. Nur zwei Jahre jünger als 
Ign- Iriarte. Murillo war [gzzacio Iriarte (I620_I68 5), der noch Schüler Herrera el viejo's 
(oben S. 241) war, 1660 bei der Begründung der Sevillaner Akademie deren 
erfter Secretär wurde und lange Zeit durch innige Freundfchaft mit Murillo 
verbunden blieb. Dafs er diefem die Landfchaften hinter feinen Figurenbildern 
zu malen pflegte, bis die Freunde fich erzürnten und Murillo entdeckte, dafs 
er auch die Landfchaften felbft ausführen könne, ift fchon bemerkt worden. 
In der That ift Iriarte der eigentliche Landfchafter der Schule von Sevilla. Am 
beften ift er als folcher im Madrider Mufeum zu fiudiren, welches vier Bilder feiner 
Hand befitzt. Seine Bilder erinnern in ihren Umriffen bald an Claude Lorrain, bald 
an Pouffin, bald an Salvator Rosa, am öfteften an den erfteren. Seine malerifche 
Behandlung aber fleht auf ganz anderem Boden. Sie ift weich und breit, und fie 
verfchmäht die ausgefprochenen Localfarben zu Gunften einer milden, einheitlichen, 
bräunlichen Tonmalerei. Am meiften an Claude erinnert die Berglandfchaft 
No. 745. Die ftattlichen, fchön gerundeten Bäume des Vordergrundes, der See 
des Mittelgrundes, die Bogenbrücke, die hinter demfelben über einen Flufs 
führt, die fchönen, klaren Bergzüge des Hintergrundes könnten faft von dem 
grofsen Lothringer, deffen Bekanntfchaft wir unter den Franzofen machen werden, 
erfunden fein. Die Farbenftimmung des Bildes aber, das kaum grünlich ange- 
hauchte Gelbgrau der Baume, das helle Blau der Berge, das Gelb des unteren 
 Theiles des Himmels, gehört der echtfpanifchen Palette Iriartes an. Aehnlich 
muthet uns das Bild mit den kleinen Cascaden No. 746 an; und es ift charakte- 
riftifch und auffallend, dafs diefe beiden Bilder uns in ein friedlich idyllifches 
Stückchen Natur ohne jede menfchliche Staffage verfetzen; am romantifchften im 
Motiv und am kräftigften im Vortrag ift die Landfchaft mit dem grofsen 
Wafferfall (N0. 747); am meiften an Poufünfche Motive erinnert die Landfchaft 
mit den römifchen Bogenruinen (No. 748). Auch die Petersburger Eremitage 
befitzt ein Bild des Meifters. Uebrigens würde Iriarte unter feinen franzöfifchen 
und niederländifchen Fachgenoffen kaum als Landfchafter erften Ranges be- 
ftehen. Nur weil er neben Velazquez, Mazo und Colläntes der einzige felbftändige 
Llorente.
	        
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