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Sechstes
Buch.
Zweiter Abfchnitt,
231332133- Gaffenjungen und kleine Mädchen mit individuellen Zügen, in ärmlicher Klei-
Mädchen dung, aber mit dem Ausdruck heiterer Genügfamkeit in den glatten jungen
Gefichtern. Ihrer plaftifch-realifiifchen Forinengebung und ihrer warmen, fatten
Färbung nach zu fchliefsen, gehören fie zunieift der früheren Zeit der voll ent-
wickelten Kunft des Meifiers an. Einzelne diefer in Lumpen geliüllten Gaffen-
in Paris, buben befitzeii z. B. die öffentlichen Gemäldefammlungen des Louvre zu Paris,
mangle-Eder??? der National Gallery zu London, der Eremitage zu St. Petersburg und des
itäirligläagälillufeums im Haag; einzelne Mädchengeftalten Dulwich College bei London,
imcgllilggfh die Eremitage zu. St. iPetersburg und das Madrider Mufeum. Gruppen zu
in SEJ-zgers- Zweien find z. B. die beiden beruhmten Darfiellungen der reizenden, ihre frugalen
mm Mahlzeiten verzehrenden bevillaiier Bettelknaben in der Münchener Pinakothek
imcgültäch (Eig. 497), das ahnliche Bild im Dulwich Eollege und das geldzahlende Madchen
in luüncigh mit dem lachend zufchauenden Knaben in der Munchener Pinakothek, die alte
Frau, welche ihrem Jungen den Kopf reinigt, ebendort, und die effende Frau
illHiffäfY mit ihrem Knaben bei Herzog von YVellington in London; Gruppen zu dreien
i" München aber find die berühmten würfelnden Gaffenbuben in der Münchener Pina-
llncgfgägfh kothek und die Knaben mit dem jungen Neger im Dulwich College. Der
liebenswürdige Humor, der über diefe faft lebensgrofsen Genrebilder ausge-
goffen ift, lehrt uns den Meifler auch geifiig von einer anziehenden Seite kennen.
Bääirefß Von feinen Bildnifsdarftellungen ift, aufser dem fchon erwähnten Porträt zu
Bowood, vor allen Dingen noch fein fchönes, in Copien öfter wiederholtes
äjjänisfiuäf Selbftporträt beim Earl Spencer zu Althorpe zu nennen. Von den einzelnen,
AlllwTPe- realiftifch aufgefafsten Heiligengefialten Murillds, welche fich zunächit hier an-
lägfChllCfSCü, verdient noch der fchöne hl. Roclriguez aus dem Klofter S. Clara zu
läfl-Zßlilecbr Sevilla, jetzt in der Dresdner Galerie, hervorgehoben zu werden. Von feinen
lä-Älälägljjleen fchlichten Darilellungen der Madonna aber, wie fie mit bürgerlich individuellen
Zügen, in der traditionellen blaurothen Kleidung, bald mit dem Rofenkranz, bald
ohne einen folchen, auf der Steinbank vor grauem Hintergründe fitzt und das
nackte Knäblein fitzend oder flehend auf ihrem Schoofse hält, erfreuen fich
mehrere eines befonderen Rufes als glänzende und liebenswürdige Beifpiele der
realiftifcheren Auffaffung religiöfer Gegenftände, welcher Murillo von Zeit zu
in Florenz, Zeit huldigte: vor allen Dingen die beiden Madonnen des Palazzo Pitti zu Florenz,
in Iigireläägl: dann die noch fchöneredes Palazzo Corsini zu Rom, diejenige der Dresdner
Galerie und ahnliche Bilder in den. Mufeen zu Madrid und Sevilla. Noch
Realiftifche realiflifcher jedoch, als diefe des göttlichen Ausdrucks keineswegs entbehrenden
1c Madonnen, hat der Meifter einige biblifche Scenen geftaltet; frühe Darüellungen
cliefer Art haben wir fchon kennen gelernt: es feien nur noch die heil. Familie
in Mßdrid- N0. 854 des Madrider Mufeums, welche uns in der That in eine einfache
Zimmermannshäuslichkeit führt, und die ebendort aufbewahrte intereffante Dar-
{tellung der Erziehung der Jungfrau durch die heilige Anna genannt, ein Bild,
in welchem Maria, dem Geifte derVorfchriften Pachecds zuwider, als junge Dame
in dem fpanifchen Mode-Coftüm jener Tage erfcheiiit. Weit idealer muthen uns
Bilder: die Darßellungen des Jefusknaben als guten Hirten mit dem Lamme an, wie
in llladrid- wir fie z. B. im Madrider Mufeum kennen lernen; desgleichen die Gruppen des
kleinen jefus mit dem kleinen Johannes, von denen die berühmtefte, unter dem
Namen der vNinos de la conchar (Fig. 498) bekannt, den kleinen Jefus dem