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Sechstes Buch.
Zweiter Abfchnitt.
pigviireiäiäPeftr beim Herzog de Pozzo di Borgo zu Paris und der vVerwandlung
äfidllfäh des Brodes des hl. Diego in Rofena, bei Herrn Ch. B. Curtis in New-York.
New-York Es ift intereffant zu fehen, dafs Murillo in Bezug auf die Auswahl und die
Anordnung der Gegenftände in diefen frühen Gemälden fchon ganz er felbPc
ift, während die ungemein kräftig realiftifche Formenfprache, die Härten und
Steifheiten in einzelnen Bewegungsmotiven und die dunkelfchattige Schwere
der Farbengebung hier doch noch jene gewiffe jugendliche Sprödigkeit und
Befangenheit verrathen, welche Murillds Werke erft feit den fünfziger Jahren
vollftändig abftreifen.
Zwfä lällfer Im Jahre 1655 malte er den hl. Ifidoro mit den Zügen des Licenciaten
Talaban und den hl. Leander mit den Zügen des Licenciaten Herrera 1); er
malte fie für die Sacriftei der Kathedrale von Sevilla, wo fie {ich noch befinden:
lebensgrofse, bildnifsartige Geftalten, die freilich nicht befonders charakteriPrifch
für den Meifter find, ihn aber doch in intereffanter Weife von der Seite einer
befonderen Auffaffung und eines bedeutenden Fortfchritts in der Flüfsigkeit
der Behandlung zeigen. Um fo charakteriftifcher zeigt die in demfelben Jahre 2)
für die Kathedrale von Sevilla gemalte, fpäter von Marfchall Soult geraubte
llalisrigjbäf; Darftellung der Geburt Mariae, jetzt im Louvre zu Paris, den entwickelten Stil diefer
Lomm- mittleren Zeit des Meifters. Die mit lebensgrofsen Figuren dargeftellte Handlung
zeigt ganz die häuslich-naive Liebenswürdigkeit, wie fxe für diefen Gegenftand
von jeher erftrebt wurde. Die Englein des Himmels mifchen flCh gefchäftig
unter die Mägde, um das Bad der Neugeborenen bereiten zu helfen; andere
aber erfcheinen als Reigen in der Glorie über der Jungfrau; und wunderbar
ift es, dafs Murillo das vifionäre Himmelslicht und feine Bewohner dem frifchen
Realismus, der uns die Hauptfiguren dief es Bildes irdifch-lebendig vor Augen zaubert,
durch die vereinheitlichende Macht der Farbe fo harmonifch einzuordnen verfteht,
dafs uns der Vorgang glaubwürdig und wahrfcheinlich erfcheint. Hierauf beruht
ein grofser Theil des magifchen Reizes, den feine Vifionsbilder auf uns ausüben.
13:22:33" Eins der berühmtefien derfelben entfiand im folgenden Jahre, 1656, und
vlääßlgijgaf. fchmückt feit jener Zeit das Baptiflerium der Kathedrale von Sevilla (Fig. 49 3). Es
ift das Bild der Vifion des knieenden hl. Antonius, dem in der Klofterzelle, von der
man in den fein grau gehaltenen Kreuzgang hinüberblickt, das Chriflkind, wie
auf Wolken fchreitend, in der Engelglorie erfcheint. Es ift das gröfste Bild,
welches Murillo gemalt hat, und zugleich eins feiner packenditen und glänzendften
Schöpfungen 3).
agsiesfäjätfa Die nächften datirbaren Werke des Meifters fmd die 1665 entftandenen
ä lgggäg, Gegnälde der Kirche S; Maria) la lBlä-nca dzu bSexfiljä. Die bedeuäendften der-
fe en waren vier gro se, 0 en a run a gec offene Darfte ungen, von
denen eine, vdie triumphirende Kircher, 1865 in der Auction Pourtales
auftauchte, jetzt aber verfchloffen ift 4), die zweite, eine vConcepcione mit an-
I) ßermudez a. a. O p. 51.
2) Curtis a. a. O. p. 142.
3) Im Jahre 1874 wurde die Geftalt des hl. Antonius von Frevlerhand aus dem Bilde heraus-
gefchnitten und in New-York in den Handel gebracht. Gliicklicherweife konnte die fpanifche Regie-
rung felbü das Stück des Bildes zuriickkaufen. Es iß; 1375 gefchickt wieder eingefetzt worden.
4) Curti: a. a. O. p. 207.