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Buch.
Sechstes
Zweiter Abfchnitt
voäilzdxjäfgen Reifrock. Auch eine Reihe der Zwerge und Spafsmacher des königlichen Hofes
3231153132; malte Velazquez fchon in den vierziger Jahren, tragikomifche, zum Theil ab-
fchreckend häfsliche und verkrüppelte, aber mit der meifierhafteften Charakterifiik
aufgefafste und wiedergegebene Gefchöpfe: den Zwergen El Primo (Fig. 488), der
mit einem grofsen Hute über feinem klugen Gefichte auf dem Erdboden {itzt
und in einem neben ihm ungeheuer erfcheinenden Buche blättert, den Spafs-
macher Pablillos von Valladolid, der barhäuptig von mächtigem Mantel um-
hüllt, mit gefpreizten Beinen dafieht, einen anderen am Boden hockenden, ganz
von vorn gefehenen Zwerg, deffen Beine fo verkürzt {ind, dafs man gerade
auf feine Schuhfohlen und über diefe in fein ausdrucksvolles, lebendig aus den
Augen fchauendes Gefichtchen blickt, den ähnlich aufgefafsten xNiüo de Valle-
casr und den fchielenden, fchwachfinnig grinfenden vBObO de COTlElK. Auch
alle diefe Bilder befinden {ich im Madrider Mufeum; ebenfo die durch ihr
lebendiges Naturgefühl bei fkizzenhafter Breite der Ausführung und feinem
Skizzen aus grauen Silbertone ausgezeichneten landfchaftlichen Darftellungen aus dem Parke
dem Park zu
Aäägäiiiieäeim zu AYHIIJLICZ, Welche um 1642 gemalt fein müffen und {ich den genannten beiden
IXIufeum. Gartenftücken ebenbürtig anreihen. Das Madrider Mufeum befitzt aber auch
noch das fchönfte kirchliche und das fchönfte hifiorifche Bild des Meifiers,
welche beide ebenfalls diefer Epoche angehören. Das Kirchenbild hatte er
1638 für das Nonnenklofier San Placido gemalt. Es {tellt den Erlöfer am
Kreuze dar, lebensgrofs, fchön und ideal genug von Antlitz und Leibesgeftalt,
das dornengekrönte bluttriefende Haupt mit dem ergreifend fchmerzlichen Aus-
druck bereits auf die Brult gefenkt, in unheimlicher Todeseinfamkeit vor dem
nächtlich verfinfierten Himmel. Seine befondere Auffaffung wufste Velazquez,
fo eng er {ich hier auch fonft an feines Schwiegervaters Pacheco Vorfchriften
über die Dariiellung des Gekreuzigten hielt, doch auch hier zur Geltung bringen.
Er liefs die eine Hälfte des in der Mitte gefcheitelten dunklen Haares des
Erlöfers unter den Dornen hindurch, alfo fchon vor der Dornenkrönung, in's
rGeficht hinab gefallen fein, das halb bedeckt erfcheint, und er erzielte hier-
durch eine -Wirkung„ die, wenn {ie auch nicht eben einer religiöfen Ader ent-
fprang, uns doch das Elend des vunfchuldig am Stamme des Kreuzes Ge-
fchlachtetenx in einer fo eigenartig ergreifenden und zugleich malerifch anziehen-
den Weife zum Bewufstfein bringt, dafs {ich diefem Eindruck kaum etwas
vergleichen läfst. Weniger anziehend und auch weniger religiös wirkt dagegen
die Darfiellung der Krönung der Jungfrau, welche vielleicht erft in den fünfziger
Jahren gemalt worden und aus einer Kapelle des königlichen Schloffes an's
Mufeum abgegeben ifi. Das um 1647 gemalte einzige grofse hiftorifche Bild des
Velazquez im Madrider Mufeum (Fig. 489) aber zeigt den Meifter auf der Höhe
feiner Aufgabe und im Vollbefitze feiner Kraft, fchon im Uebergang zu feiner
2153323112232" letzten, ganz freien Malweife. Das Bild {tellt die Uebergabe der Fefiung Breda
w Madrid- durch den holländifchen Gouverneur an den fpanifchen Marquis de Spinola dar.
Velazquez wählte den Augenblick, wo der Holländer in halb geneigter Stellung
dem fpanifchen Sieger, welcher fich weniger tief verneigt, ihn mit vornehmem
Wohlwollen anblickt und ihm die Rechte herablaffend auf die Schulter legt,
den Schlüffel der Feftung überreicht. Die Scene geht in der Mitte des Vorder-
grundes des Bildes auf einer kleinen Anhöhe vor fich, von der man weit in's