Malerei
fpanifche
Jahrhunderts.
Velazquez.
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Ehe wir auf die Werke des Velazquez näher eingehen, müffen wir uns Sein Leben.
jedoch nach feinen Lebensumftänden umfehen. Sein Vater, der aus alter Fäfxil?lfe_
Familie ftammte und Rechtsanwalt in Sevilla war, hiefs Iuan Rodrigtiez de
Silva, feine Mutter war eine geborene Gerönima Velazquez. Nach fpanifcher
Sprachweife wäre der volle Name des am 6. Juni 1599 wDiegoe getauften
Künfllers daher Diego Rodriguez de Silva y Velazquez. Er felbft unterzeichnete Sein Name-
fich in der Regel vDiego de Silva Velazqueze l), wurde aber nach andalufifcher
Sitte oft auch nur mit dem Familiennamen feiner Mutter genannt; und Velazquez
fchlechthin nennt ihn heute noch die ganze Welt. Urfprünglich zum Gelehrten Leif;ng_
beftimmt und dementfprechend erzogen, wurde er, fobald feine Anlage für die
Malerei {ich zeigte, zu Herrera el viejo (oben S. 241) in die Lehre gethan. Durch
die rauhen Gewohnheiten diefes Meifters aber aus deffen Werkltatt vertrieben,
ging er zu Fr. Pacheco (oben S. 56) über, von deffen feiner Sitte, gelehrter
Bildung und poetifcher Ader er allerdings gröfseren Nutzen ziehen konnte, als
von feinem Unterrichte in der Malerei. Fr. Pacheco erkannte die beifpiellofe
Begabung feines Schülers fofort, er gab dem Neunzehnjährigen fchon 1618 feine Seine Ehe-
Tochter Juana zur Gattin, nennt ihn in feinem Buche ftets mit Stolz vmi yernor,
vmein Schwiegerfohne, und nimmt ausdrücklich das Recht für fich in Anfpruch,
als fein eigentlicher Lehrer zu gelten. 2) Velazquez" Bilder weifen gleichwohl
darauf hin, dafs Herrera ihn nachhaltiger beeinflufst hatte, als Pacheco. Palo-
mino 3) fügt hinzu, dafs der junge Künftler natürlich auch die Werke anderer
Meifter, die nach Sevilla kamen, itudirte, z. B. diejenigen Ribera's und Lan-
francds, dafs aber die Werke keines anderen ihn fo zur Nachahmung gereizt beeinfiufsr-
haben, wie diejenigen des Luis Triftan (oben S. 47). Auch Triftan hatte fchon
von feinem Lehrer E1 Griego die breite, freie Pinfelführung überkommen, welche
das 17. Jahrhundert verlangte; und feine Bilder find keineswegs zu fchwach,
als dafs man ihren fo pofxtiv berichteten Einflufs auf Velazquez in Abrede
ftellen müfsteul) Die Hauptfache aber bleibt natürlich, dafs Velazqixez von
Anfang an mit Bewufstfein die Natur und das Leben als feine eigentlichen
Lehrmeifter anfah. Pacheco erzählt 5), Don Diego habe fich fchon, als er noch
als Schüler in feinem Atelier gearbeitet, einen eigenen Burfchen als Modell Sein wies
gehalten, das er in allen denkbaren Stellungen und mit jedem denkbaren Aus- Anden.
druck gemalt habe. Auf diefe Weife erlangte er fchon früh jene aufser-
ordentliche Beherrfchung der Formen mit feinem Auge, feiner Hand und
feinem Pinfel, der er {ich fein Leben lang erfreute.
Um feinen Anfchauungskreis zu erweitern, unternahm Velazquez 1622 Seipe eefee
feine CFPIC Reife nach Madrid. Hier konnten die zahlreichen Gemälde Tizians, Riiäedfiäfh
welche flch im Befltze des fpanifchen Hofes befanden, auf ihn einwirken; vor
allen Dingen müffen wir annehmen, dafs des grofsen Venezianers köftliches
Reitefbildllifs Kaifer Karls V. (oben Bd. 1I S. 761) einen unauslöfchlichen Ein-
I) Zarm de! Valle a. a. p. 393, Am-m L
2) Arte de Pintura, Sevilla 1649, {OL Iol.
3) A. a. O. p. 323.
4) Wie Lefoft in den Gaz. des Beaux Arts 1879, I, p. 424. es thut. Woher weil's Lefort, dafs
B. 11m 1614 HOCh keine Gemälde des doch Igßöigeborenen Triftan in Sevilla bekannt fein konnten;
5) Arte de 1a Pintura, Sevilla 1649, fol, 437_
Gefchichte d. Malerei. III. 17