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Buch,
Sechstes
Zweiter Abfchnitt.
der individuellften Künftlernaturen des 17. Jahrhunderts und einer der gröfsten
Maler, welche dem fpanifchen Boden entfproffen.
Gehen wir zur Betrachtung feiner Hauptwerke über, fo haben wir als
lzijräissirliiäe älteftes das grofse Altarwerk vom Jahre 1625 in der Kathedrale zu Sevilla zu
nennen, auf deffen unterem Mittelbilde Petrus als Pontifex thront, während auf
dem oberen Mittelbilde eine wConcepcionr (oben S. 54) dargeftellt ift, die
Seitenbilder aber und die Staffel Scenen aus dem Leben des Apofielfürften
enthalten. Der fiebenundzwanzigjährige Künfiler war doch fchon ein ganzer
Meifter und fchon ganz er felblt.
i: Noch deutlicher zeigte fich das in dem bald darauf für die Thomaskirche
izu Sevilla gemalten grofsen Gemälde des Triumphes des hl. Thomas von
Aquino, welches in manchen Beziehungen das Hauptwerk feines Lebens ge-
blieben ift. Es gehört jetzt zu den hervorragendften Zierden des Mufeums
von Sevilla. Ganz oben im Glorienduft ift die himmlifche Herrlichkeit dar-
geftellt, aus der fich eine fefte Wolke um zwei Drittel der Bildhöhe herabgefenkt
hat. Auf diefer Wolke fteht der hl. Dominicaner. Sein aufgefchlagenes Buch
hält er in der Linken, die Feder in der erhobenen Rechten. Neben feinem
unbedeckten Haupte fchwebt die Taube des Heiligen Geifies; fein Blick ift
begeiftert nach oben gewandt. Zu feinen beiden Seiten, überlebensgrofs, wie
er felbft, auf derfelben Wolke herabgefahren, wie er, thronen die mächtigen
Geftalten der vier Kirchenväter. Unten in dem angefangenen Bau des Domini-
canercollegs aber, für deffen Kirche das Bild beftimmt war, knien die Gründer
desfelben: rechts Karl V. mit geiftlichen und weltlichen Würdenträgern, links
der Erzbifchof mit feinen Dominicanern; mächtige Geftalten, deren Gewänder
ebenfo grofsartig und naturwahr durchgebildet fmd, wie ihre erflaunlich lebendigen,
plaftifch modellirten und mit dem fprechendften Ausdruck befeelten, andächtig
zur Erfcheinung emporgewandten Charakterköpfe. Auch das Helldunkel des
Bildes ift von packender Wirkung und der Blick zwifchen den Pfeilern des
Gebäudes hindurch auf den Platz und in die grofsftädtifchen Strafsen ift gerade
in feiner klaren grauen Lichtperfpective vom feinften Reize.
Die nächften datirten Hauptwerke Zurbarans, die wir zu verzeichnen
haben, ftammen aus dem Jahre 1629. Einerfeits find es die Bilder aus der
Merced Calzada, von denen die fxeben Darftellungen aus dem Leben des hl.
T] Pedro Nolasco fich jetzt theils im Mufeum zu Madrid, theils in der Kathedrale
ingf;l1iß;2e' zu Sevilla, die köftlichen ftehenden einzelnen grofsen Mönchsgeftalten aber in
äßvilläd der Akademie San Fernando zu Madrid befinden. Andererfeits flnd es die
lsn. Ffärnanädri vier Bilder, welche der einunddreifsiggährlge MeiPrer neben Herrera el viejo
"zu Madrli (oben S. 242), in der Kirche S. Bonaventura zu Sevilla gemalt hatte. Sie
ftellen Scenen aus dem Leben diefes Heiligen dar und fmd erft vor kurzem
nachgewiefen worden 1). Zwei von ihnen, bisher irrthümlich für Bilder aus
dem vorerwähnten Pedro Nolasco-Cyklus der Merced Calzada gehalten, be-
1211132138 Enden {ich im Louvre zu Paris; das dritte, welches daritellt, wie der heilige
Franciskaner-Mönch Bonaventura in feiner Zelle den nach feinen Büchern
fragenden Dominikaner Thomas von Aquino auf den Gekreuzigten als die
Von
der preufs. Kunfifammlungen
im Jahrbuch
Yußi
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