Malerei
fpanifche
Jahrhunderts.
Die Schule
Sevilla bis auf Murillo.
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Kunft diefer Stadt; Murillo aber, der grofse, feurige, fchwärmerifche Haupt-
meiPcer Sevilla's, fafste alles Wollen und Können der andalufifchen Kunfl fo
fruchtbar und fo phänomenal zufammen, dafs er, fo gut wie jener, in einem
Capitel für flCll betrachtet werden mufs.
Wir haben in diefem erften Capitel daher die Schule von Sevilla nur bis Beägzxgzimg
zur Abzweigung des Velazquez von ihr und bis zum maßgebenden Auftreten Capittls.
Älurillds in ihr kennen zu lernen.
Zu den Uebergangsmeiftern von der alten in die neue Kunftweife wird
neben Roelas und Pacheco, den Sevillanern, neben den Ribalta in Valencia und
neben Meiftern, wie Vicente Carducho in Madrid, in der Regel auch Francisco Fzllvlärjtra
Herrera el viejo (d. h. der ältere) von Sevilla gellellt. Indeffen gilt den
Spaniern gerade Herrera als der kühne Neuerer auf technifchem Gebiete, Sein Stil.
welcher, der alten, forgfältigen, glatten Modellirung müde, der modernen,
mächtigen, breiten Technik die Wege wies, jener Technik, welche den Eindruck
malerifcher Wahrheit durch reichlichen Farbenauftrag, durch kühne, breite,
oft unverfchmolzene Pinfelfiriche und, mit Verfchmähung aller Einzelfeinheiten,
durch ein energifches Hinarbeiten auf die_ Gefammtwirkung zu erreichen beftrebt
iPc; und wenn Roelas in feinen reifften Werken eine ähnliche Technik auch
fchon mit feinerem Mafse und gröfserem künftlerifchen Erfolge angewandt
hatte, fo müffen wir Herrera doch, fchon weil er der rückfichtslofere und der jüngere
ifl, feine Stellung an der Spitze diefer neuen Epoche der fpanifchen Kunft
laffen. Herrera el viejo fchofs in dem Ungeftüm feiner flotten Malweife in der
That nicht felten über's Ziel hinaus; und felten oder nie erreicht er durch fie
die fefte, feine, ruhige YVirkung, die gleichzeitig der Holländer F rans Hals mit
einem ähnlichen Verfahren zu erzielen wufste. Aber er wies feinen Landsleuten
den Weg, {ich auch technifch vom hergebrachten Schlendrian zu emancipiren;
und fein Schüler Velazquez bewies dann auch weit beffer, als er, bewies
fchlagend für alle Zeiten, dafs diefer NVeg in der That einer der Wege ift,
die zum Ziel der höchften Leiftungen auf dem Gebiete der malerifchen Technik
führen.
Fr. Herrera efzlzkjo 1) wurde um 1576 in Sevilla geboren, war, wie es Sein Leben.
fcheint, Pachecds Mitfchüler bei Luis Fernandez (oben, S. 53), fchlug aber bald
feine eigene Richtung ein und gründete felbft eine Schule in Sevilla. Da
jedoch die Unbändigkeit feines Wefens dem Ungefiüm feiner Malweife entfprach,
hielt keiner feiner Schüler es bei ihm aus und verliefsen ihn felbft feine eigenen
Kinder. Sevillas überdrüffig und verlockt durch Velazquei Erfolge, zog
er in feinen alten Tagen (1650 nach Bermudez, 1640 nach Palomino, jedenfalls
nach 1647, da er in diefem Jahre noch in Sevilla nachgewiefen ift) nach Madrid,
wo er 1656 Ilarb.
Seine Werke find hauptfachlich in Sevilla zu ftudiren. DoCh find feine Seinßwerke.
Fresken faPc alle untergegangen; nur die Minoriteizgeftalten, welche er an's
Gewölbe und in die Kuppel der Kirche S. Bonaventura zu Sevilla gemalt hat,
l) D11" 1411!. Palamina Wlasca, Las vidas de los pintores etc. Madrid I7I4, (Anhang zum T, I1
des Museo Pictorico) p. 313-314. Bermuzlez, Diccionario historico (Madrid 1800) II p. 274_279
Stiriizzg, Annals of the Artists of Spain, (London 1848) I p. 454-460.
Gefchichte d. Malerei. III 16