Sechstes
Buch.
Erfier Abfchnitt.
fühl für Schönheit und Gröfse zu tränken und macht daher in feinen bePcen
Werken keineswegs den Eindruck eines Nachahmers, fondern eines felbfi-
ftändigen, aus dem Vollen fchöpfenden Meifters. Zu diefen feinen befien
Fjgfggm Werken gehören vor allen Dingen feine Fresken in S. Maria in Vado zu
Fermm Ferrara, von denen die Anbetung der Propheten und Patriarchen in der Halb-
kuppel des Chores {ich den fchönften und reichften Gloriendarfiellungen des Jahr-
hunderts anreiht; ferner das berühmte Abendmahl, welches fürs Refectorium
iieigifaiiiär der lateranenfifchen Canonici zu Ravenna gemalt worden War, fpäter aber in
idie Kathedrale diefer Stadt verfetzt wurde, das eigenthümliche Glorienbild des
von neun benedictinifchen Heiligen verehrten Auferftandenen in S. Benedetto zu
in Ferrara, Ferrara, in welchem w die Santa Converfazione zur gemeinfchaftlichen ekftatifchen
in Mailand. Verklärung wirdi 1), das fchöne Bild der Brera zu Mailand, welches die heilige
Familie auf hohem Poftamente, von den unten itehenden Heiligen verehrt,
darftellt, das Gemälde einer Wunderthat der vBeata Virgine del Carminee in
in Modena. der Galerie zu Modena, die grofse, vortreffliche Daritellung der Hochzeit zu
Cana und eine Wundergefchichte des hl. Antonius von Padua in der Pinako-
in Ferrm- thek zu Ferrara. Man wird es diefen Werken gegenüber bedauern, dafs der
Meifier außerhalb Oberitaliens fo wenig vertreten und kaum gekannt ifi.
Lud- Lana- Sowohl Modena wie Ferrara machen auf Ludozn Lmm (um 1597-1646)
Anfpruch. Nach Baruffaldfs Ausführungen 2) erfcheint es jedoch ebenfowenig
zweifelhaft, dafs er von Geburt Ferrarefe und urfprünglich ein Schüler Scar-
fellinds (oben S. I7) in Ferrara gewefen, wie dafs er jung nach Modena über-
fiedelte, hier den gröfsten Theil feines Lebens zubrachte, hier fogar
herzoglicher Akademiedirector wurde und hier auch Ptarb. Seinem Stil nach
erfcheint er als freier Nachahmer Guercinds, hier und da mit Anklängen an
Tintoretto. Seine Hauptwerke befinden {ich in Modena; hervorzuheben {ind
feine Darftellung der PePc zu Modena in der dortigen Votivkirche und von
feinen Gemälden in der Galerie diefer Stadt die Darffellungen aus Taffds
iBefreitem jerufalema und Kains Brudermord.
Eine reichliche, aber nicht immer erquickliche, wenngleich manchmal
durch ein eigenes Gefühl für Gröfse feffelnde Nachblüthe erlebte die Malerei
Mailand. im 17. Jahrhundert in Mailand. Es iPr fchon oben (S. I8) darauf hinge-
wiefen, dafs Ermle Procaccinz" d. j. (1596_I676), ein Neffe Camillog und
Giulio Cefare's, ein Sohn des hauptfächlich als Landfchafter, fowie als Frucht-
und Blumenmaler befchäftigten Czzrlanfozzio Proazcczäzz", den Stil der Caracci in
Mailand verbreitete. Die Mailänder Brera befitzt eine grofse Kreuzigung
Chrifii von feiner Hand. Als Freskenmaler kann man ihn z. B. in S. Marco
zu Mailand kennen lernenß) Aelter, bedeutender und felbftandiger als er war
Giätgäitf" Giav. Brztlzßa Cmjfjii (1557-1633), in der Regel nach feinem kleinen
Heimathsorte Cvralzo genannt, ein Meifter, dem ein gewiffes grofsartiges archi-
tektonifches Grundgefühl und eine forgfaltige plaftifche Modellirung zu Gebote
Pcehen, während er durch übertriebene Bewegungen manchmal manierirt und
durch einen Mangel an innerer Motivirung in feiner Anordnung nicht felten un-
I) Yrzk. lfurrlzhardl, Cicerone, 5. Aufl. 1884, S. 841.
2) A. a, O. II, p. 198-208; vgl. Laderdzi a. a, O. p. 172.
3) Giuf. Mangeri, Harte in Milano (Mailand 1872) p. 96. Auch
benutzt.
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