Die
italienifche Malerei des I7. Jahrhunderts.
Die neapolitanifche Malerei des I7.
jahrh.
193
Vororte Neapels geboren 1), hatte die Grundlage feiner claffifchen Bildung im E1322"
Seminar der Väter della Congregazione Somasco erhalten und {ich dann haupt- Studie"-
fachlich als Improvifator auf die Mufik und die Dichtkunft verlegt, bis fein
Schwager Fr. Francanzmze, der bei diefer Gelegenheit zugleich als Ribera-
fchüler von einiger Bedeutung erwähnt fein mag, ihn zur Malerei führte. In
feinem Hauptfache, der Landfchaftsmalerei, folgte er von Anfang an nur den
Spuren der Natur; er durchiireifte die Wildefien Einöden der Abruzzen; er
trieb {ich zu Barke an den Küften Unteritaliens umher; er zeichnete Felfen,
Bäume, alte Ruinen und Meerbuchten, dazu die Staffage von Räubern, Sol-
daten, Landleuten und Fifchern; er fetzte mit noch kindlicher Technik, aber
mit ausgefprochenem Talente kleine Compofitionen aus feinen Studien zufammen
und verkaufte diefelben zu Spottpreifen, um feinen Lebensunterhalt zu friften.
Bald aber erregte er durch diefe eigenartigen malerifchcn Improvifationen doch
einiges Auffehen in Neapler Küniilerkreifen; Lanfranco kaufte eins feiner Bilder
und nahm fich feiner an; fein Schwager führte ihn zu Ribera, in deffen Schule
er eine Zeitlang arbeitete, um {ich in der Darfiellung grofser Figuren zu
üben, weshalb feine Technik in der Grofsmalerei ftets von derjenigen Ribera's
beeinflufst blieb, ging dann aber, mächtig von Falcones Schlachtenbildern
gepackt, zu diefem Meifter über, deffen Schüler er auf deffen eigenfiem Gev
biete wurde. So durch mannichfaltige, einander ergänzende EinHüffe aus-
gebildet, ohne dem naturalifiifchen Grundzug feiner Natur untreu zu werden,
verfuchte er fein Glück als Maler feit feinem zwanzigfien Lebensjahre ab-
wechfelnd in Rom, der Stadt feiner Wahl, und in Neapel, der Stadt, der er Rosfälglaläogm,
feine künftlerifche Eigenart ausfchliefslich verdankte. Im Carneval 1639 hatte
er es, wieder einmal nach Rom zurückgekehrt, hier endlich fo weit gebracht,
dafs er der Mittelpunkt einer geiftreichen Künftler- und Gelehrtengefellfchaft
war, die ihrer freigeiftigen Gefmnung in bitteren Satiren gegen den Staat und
die Geiftlichkeit Luft machte. Heftige Gegner erwarb er flCh durch derartige
fatirifche Gedichte, viele Freunde aber, trotz des Widerfpruchs der akade-
mifchen Profefforen, durch feine Gemälde; und fo verbrachte er eine Reihe
äufserß angeregter und productiver Jahre in Rom, bis er (Ende 1642 oder
1643) an den grofsherzoglichen Hof zu Florenz berufen wurde. Hier lebte in Florenz,
und arbeitete er darauf faft neun Jahre; hier entfaltete er eine aufserordentlich
reiche Thätigkeit; und hier erfreute er fich in der Mitte eines grofsen
F reundeskreifes des höchften künülerifchen und gefelligen Anfehens. Den
Haushalt führte ihm die fchöne Lucrezia, die urfprünglich fein Modell gewefen
war; und die reichen Einnahmen, welche feine Kunft ihm verfchaffte, verloren
{ich in der grofsen und anregenden Gefelligkeit, mit der er {ich umgab. Auf
die Dauer aber behagte ihm die Abhängigkeit vom Hofe nicht. Er fehnte
{ich nach Rom zurück. Um 1652 2) Finden wir ihn dort in eigenem Haufe wiäiäi"
I) F. ßllldinurri, Notizie de" professori del disegno etc. Vol. VI (Firenze 1728) p. 553_591_
5', ß, Paßeri, Vite (Roma 1772) p. 416-"439. L. Parroli, Vite (Roma 1730) p. 63_37_
00771571171, a- a- 0- In: P- 437_5QI. Lady Morgan: The Life and Times of Salvator Rofa,
London 1824. (Franz. u. deutfche Ueberfetzungen von demfelben Jahre.)
2) Ueber die Chronologie im Leben Salvator Rofzfs gehn die Berichte und die Anfrchten aus-
einander. _7'u1. Meyer verlegt den Horentinifchen Aufenthalt des Meifters in das Jahrzehnt von X650
Gefchichte d. Malerei. III. I3