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Buch.
Sechstes
Abfchnitt.
Erfier
In Aniellds Schule erblühte neben der Schlachtenmalerei vor allen Dingen
die neapolitanifche Landfchaftsmalerei des fiebzehnten Jahrhunderts zu
eigener Geltaltung.
SMaiäcv Auf diefem Gebiete ift Dom. Gargriula, 1111200 Spadaro genannt I) (1612
p am bis 1679), als der ältefte zuerft zu nennen, obgleich er von Anfang an durch
Srfzgilläiegrf- feinen Mitfchüler Salv. Rofa mitbeeinflufst wurde. Auch an Figurenbildern
Micco Spadards fehlt es in Neapel nicht; ja, er Hand fo wenig in dem Rufe,
keine Figuren malen zu können, dafs fich der bekannte römifche Architekturmaler
Viviano Codagora, auf den wir in anderem Zufammenhange zurückkommen
müffen, feiner fogar zur Staffirung feiner Bilder bediente; doch wurde er fchon
Sßiigfaäigd- von feinen Zeitgenoffen in erfier Linie als Landfchaftsmaler gefchätzt. Heute
irjlllibläägirio ift er am beften im Klofter S. Martino zu würdigen. Landfchaftliche Fresken
feiner Hand befinden fich hier in verfchiedenen der jetzt als Mufeumsfäle ein-
gerichteten Räume: die gröfsten an der Decke des Saales, in dem jetzt die
venezianifchen Kronleuchter hängen: im Spiegel diefer Decke die Taufe Clirifti
in dem breiten, von bewaldeten Hügeln begrenzten Fluffe; in den vier ge-
wölbten Uebergängen zu den Wänden vier mächtige Landfchaften von
etwas fahriger, flüchtiger Behandlung, deren Compofitionen doch an diejenigen
der Bolognefer Schule erinnern, während ihre Färbung in ihrer unnatürlichen,
jetzt obendrein durch die Zeit verblafsten Buntheit lediglich auf die deco-
rative Wirkung berechnet war. F ernere Landfchaften mit biblifcher Staffage
ficht man im Coro de" Laici dafelbft, zum Theil als Gobelins ftilifirt und
dadurch in ihrem mangelnden natürlichen Leben entfchuldigt. Alle diefe
decorativen Landfchaften Spadaro's in S. Martino find für die Gefchichte
diefes Kunftzweigs von einer gewiffen Bedeutung. Auf Leinwand malte er
Schlachtenbilder, wie dasjenige des Louvre zu Paris, das ihn als Aniellofchüler
zeigt, aber auch Darfiellungen, wie den Vefuvausbruch, wie den Aufftand des
Neapel. Mafaniello, an dem er Theil genommen, und wie die Peft in Neapel, daneben
Landfchaften mit Heiligenfiaffage. Bilder diefer Art von feiner Hand fleht
man im Mufeum zu Neapel. Auch fie find faft freskenartig matt und kühl
im Ton, aber fie find gefchickt durchcomponirt und verbinden hie und da Erinne-
rungen an Claude Lorrain mit Anklängen an Salvator Rofa.
Sägäor Srzlvator Rofa felbft aber war nicht nur Aniellds bedeutendfter Schüler,
fondern zugleich der bedeutendfte in Neapel geborene Meißjef übgrhaupt; 315
Dichter eine anerkannte Gröfse des italienifchen Parnafs; als F igurenmaler in
grofsem Mafsftabe durch feine langgeflreckten Geftalten manchmal etwas
manierirt, aber immer geifireich; als Schlachtenmaler der MeiHer, welcher uns
Aniellds Bedeutung ahnen läfst; bahnbrechend und bis in unfer Jahrhundert
directe Nachfolge zeugend aber eben auf dem Gebiete der Landfchaftsmalereiü);
in allen Dingen eine kecke, flotte, geniale und zugleich eine romantifche und
phantaftifche Künftlernatur. Er war IÖIS in dem Flecken Arenella, 31115111
I) Daminici a. a. O. III, 40I-436-
2) Ein neuerer italienifcher Schriftßeller, Fr. Pelujio in feiner Abhandlung nLa pittura di
paesaggio in Italia, Como 1879, p. 5, fagt mit Recht nNon abbiamo di veramente nostro che Sal-
vator ROfILc